Asyl:Berliner Zahlenspiele

Das Bundesamt für Migration rechnet mit mehr Asylbewerbern als der Finanzminister.

Von Cerstin Gammelin

Es ist klug, schwierige Diskussionen wie die über Flüchtlingszahlen, Asylanträge oder den Haushaltsplan zunächst intern zu führen. Politiker leben vom Vertrauen der Bürger. Das wächst nicht, wenn jedes Gedankenspiel öffentlich ausgetragen wird. Umgekehrt gilt, dass Kalkulationen, die öffentlich gemacht werden, stimmig sein müssen.

Hier zeigt die Bundesregierung, dass sie einigen Nachholbedarf hat. Zwei ihrer wichtigsten Akteure werben mit Zahlen, die einander ausschließen, um Vertrauen in ihre Arbeit. Frank-Jürgen Weise, Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, will in diesem Jahr deutlich mehr als eine Million Asylanträge entscheiden - und bis Jahresende die Bearbeitung beschleunigen. Das klingt nach einem Plan, allerdings nicht nach einem abgestimmten. Weise beziffert die zu entscheidenden Asylanträge um ein Drittel höher als das Bundesfinanzministerium in seiner Haushaltsplanung, die auf dem Deckblatt die schwarze Null trägt.

Minister Wolfgang Schäuble hat den Haushalt auf 800 000 Asylbewerber ausgerichtet, die er für die Dauer des Asylverfahrens mit 670 Euro pro Kopf und Monat bezuschusst. Sauber abrechnen will er erst nach Jahresende. Wenn Amtschef Weise allerdings jetzt schon zu berichten weiß, dass es deutlich mehr Asylanträge geben wird, sollte Schäuble den Haushaltsplan anpassen - vorsorglich und vertrauensbildend sozusagen.

© SZ vom 11.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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