Arbeitsrecht-Reform:Erster Härtetest für Macron

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor dem Élysée-Palast. (Foto: REUTERS)
  • Der französische Präsident will das Arbeitsrecht zugunsten der Arbeitgeber lockern lassen.
  • Schon Mitte September soll eine entsprechende Reform erlassen werden, die Abstimmung im Parlament gilt als Formsache.
  • Linke und Gewerkschafter zeigen sich misstrauisch bis widerständig. Sie sollen daher in den Gesetzgebungsprozess einbezogen werden.

Von Leo Klimm, Paris

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron steht vor seiner ersten Bewährungsprobe. Am Mittwoch beschloss seine Regierung die Vorlage für ein Rahmengesetz, mit dem das französische Arbeitsrecht gelockert werden soll. Das Gesetz ist eines der wichtigsten und umstrittensten Vorhaben des neuen Staatschefs. Es zielt darauf ab, Arbeitgebern mehr Spielraum bei der Anstellung, dem Einsatz und der Kündigung von Mitarbeitern zu gewähren.

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An der Annahme im Parlament bestehen dank Mehrheit kaum Zweifel

Dabei hat es Macron eilig: Im Juli soll die Nationalversammlung der Regierung mit der Verabschiedung des Gesetzes die Vollmacht erteilen, die geplanten Änderungen per Verordnung zu verfügen. Die Gesetzgebung wird damit stark beschleunigt. Schon Mitte September wird die Arbeitsreform nach dem Willen Macrons und seines Premierministers Édouard Philippe erlassen. Das Parlament stimmt danach nur noch über das Gesamtpaket ab. Da Macrons Partei über eine breite Mehrheit verfügt, besteht kaum Zweifel an der Annahme. Regierungssprecher Christophe Castaner sagte am Mittwoch, der Reformplan habe angesichts des klaren Siegs des Macron-Lagers bei der Parlamentswahl in diesem Monat hohe politische Legitimität.

Für Macron hängt von dem Gesetz viel ab. Es soll seine Autorität festigen und zugleich das Vertrauen der EU-Partner in seine Reformfähigkeit stärken. Die rasche Umsetzung soll ihm zudem so früh wie möglich einen Erfolg als Modernisierer der französischen Wirtschaft bescheren. Macrons Ziel ist, die Arbeitslosenquote von zuletzt 9,3 auf sieben Prozent zu drücken.

Für die Gewerkschaft ist die Reform "schon im Voraus gezinkt"

"Wir wollen eine Reform, die mehr sozialen Dialog, mehr Freiheit und mehr Sicherheit ermöglicht", sagte Arbeitsministerin Muriel Pénicaud. Sie plant, Firmen mehr Spielraum bei der Festlegung von Arbeitsbedingungen zu geben und dabei womöglich die Umgehung von Tarifverträgen zu erlauben. Kündigungsregeln könnten aufgeweicht und Abfindungen für gekündigte Mitarbeiter gedeckelt werden. Wie weit sie im Einzelnen gehen will, ließ die Regierung zunächst allerdings offen.

Daran üben die Linke und Gewerkschafter Kritik - ebenso wie an der Grundannahme, das komplexe Arbeitsrecht sei schuld an der hohen Arbeitslosigkeit. Für die Gewerkschaft CGT ist die Reform "schon im Voraus gezinkt". Sie hat für den 12. September zu Demonstrationen und Streiks aufgerufen. Der linksradikale Oppositionsführer Jean-Luc Mélenchon sagte: "Unser Widerstand wird vollkommen sein." Gemäßigtere Gewerkschaften wie CFDT lehnen die Arbeitsreform nicht grundsätzlich ab, zeigen sich aber misstrauisch. Um eine Eskalation zu vermeiden, versucht die Regierung, die Gewerkschaften einzubinden.

Weitere Wirtschaftsreformen Macrons umfassen einen Umbau der Arbeitslosenlosen- sowie der Rentenversicherung. Auch die Staatsausgaben sollen gekürzt werden. An diesem Donnerstag legt der nationale Rechnungshof einen Prüfbericht vor; Medien zufolge wird darin für das laufende Jahr ein Haushaltsloch von neun Milliarden Euro festgestellt. Macron könnte zu Einschnitten gezwungen sein, um sein Versprechen zu halten, von 2017 an wieder die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einzuhalten.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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