Arbeitsmarkt:Job-Boom und Krisen-Polster

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2016 war das beste Jahr für den Arbeitsmarkt in Deutschland seit einem Vierteljahrhundert. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, hält trotz der Rekordzahlen nichts von sinkenden Beitragssätzen.

Von Thomas Oechsner, Berlin

Viel mehr wird vorerst wohl nicht mehr gehen: 2016 war das beste Jahr für den Arbeitsmarkt in Deutschland seit einem Vierteljahrhundert. Erstmals seit 1991 ist die Zahl der Arbeitslosen unter 2,7 Millionen gesunken. Dies geht aus dem neuen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. 2017 kann es nur noch wenig besser werden: Dann könnte die Zahl der Beschäftigten noch einmal zulegen, wenn auch nicht so stark wie bisher - allerdings ohne dass die Erwerbslosenzahlen weiter sinken. "Man darf nicht immer nach weiteren Steigerungen suchen", sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise, der im Frühjahr nach 13 Jahren an der Spitze die Bundesbehörde verlässt.

Im Jahresdurchschnitt 2016 zählte die Bundesagentur mit 2,691 Millionen Arbeitslosen 104 000 weniger als 2015 und so wenige wie seit 1991 nicht mehr. Einen Rekord meldet auch das Statistische Bundesamt: Die Zahl der Erwerbstätigen stieg im Jahresdurchschnitt 2016 auf 43,49 Millionen. Das ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. 31,37 Millionen waren davon im Juni 2016 sozialversicherungspflichtig beschäftigt, laut BA sind das gut 600 000 mehr als ein Jahr zuvor. Rückläufig ist die Zahl der Minijobs. Dies dürfte nicht zuletzt am Mindestlohn liegen, der nun 8,84 Euro pro Stunde beträgt. Die Arbeitslosenquote sank 2016 um 0,3 Punkte auf 6,1 Prozent im Jahresschnitt.

Auch zum Jahresausklang lief es gut auf dem Jobmarkt: Wie üblich im Winter, wenn am Bau, in der Landwirtschaft oder in Gartenbetrieben weniger gearbeitet wird, nahm die Arbeitslosenzahl zu, in diesem Dezember um 36 000 auf 2,568 Millionen. Ohne Wettereinflüsse gerechnet sank sie sogar leicht. Der lange Zeit kräftige Beschäftigungsaufbau habe sich aber seit den Sommermonaten spürbar abgeschwächt, sagte Weise.

Auf dem Arbeitsmarkt sind verstärkt die Flüchtlinge bemerkbar. Etwa 30 000 Schutzsuchende haben nach Angaben der BA bereits einen Job gefunden. Sie seien in der Regel in Helferberufen untergekommen, vor allem in der Leiharbeit, dem Reinigungsgewerbe, in der Logistiksparte sowie im Hotel- und Gaststättenwesen. 2017 rechnet die Bundesagentur allerdings mit etwa 380 000 arbeitslosen Flüchtlingen.

Im Jahr 2016 erwirtschaftete die Behörde einen Überschuss von 5,4 Milliarden Euro. Ihre Rücklagen betragen nun 11,4 Milliarden Euro. Dennoch lehnen Weise und das Bundesarbeitsministerium eine Senkung des Beitragssatzes von derzeit drei Prozent ab. Dies hatten CDU-, SPD- und AfD-Politiker sowie der Bund der Steuerzahler gefordert.

Die Beitragshöhe sei notwendig auch für den Fall, dass sich Konjunktur und Arbeitsmarkt einmal schlechter entwickelten, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Der BA-Chef erinnerte daran, dass in der Wirtschaftskrise 2009/2010 das Finanzpolster in Höhe von 17 Milliarden Euro sehr schnell aufgezehrt wurde, um die Kurzarbeit von fast 1,5 Millionen Arbeitnehmern zu bezahlen. Trotzdem seien noch fünf Milliarden Euro Zuschuss vom Bund nötig gewesen.

© SZ vom 04.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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