Ägypten:Zynische Logik

Nur militärisch ist der Kampf mit dem IS nicht zu gewinnen.

Von Paul-Anton Krüger

Ägyptens Regierung will im schwersten Anschlag der Geschichte des Landes ein Zeichen dafür erkennen, dass der Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nordsinai verzweifelt und geschwächt ist. Dies leitet Kairo daraus ab, dass die Dschihadisten eine Moschee angriffen, ein weiches, schwer zu schützendes Ziel, und nicht die Armee.

Die Logik allerdings ist nicht nur zynisch angesichts der horrenden Zahl der Opfer. Sie verkennt auch den Modus Operandi des IS-Ablegers. Anders als einst im Irak oder in Syrien versucht der IS in Ägypten nicht, in erster Linie Territorium zu erobern. Die Extremisten wollen das Land da treffen, wo es am verwundbarsten ist. Auch der russische Urlaubsflieger, den der IS vor zwei Jahren vom Himmel bombte, war ja kein militärisches Ziel - geschadet hat der Anschlag Ägypten mehr, als jede Attacke auf eine Armeepatrouille es je könnte.

Mit einer ausschließlich militärischen Herangehensweise wird Ägypten diesen Konflikt kaum gewinnen. Dazu müssen politische Versäumnisse der Vergangenheit aufgearbeitet werden, ebenso wie die der Gegenwart. Massive politische Repression, Menschenrechtsverletzungen und das oft rücksichtslose Vorgehen der Armee bis hin zu außergesetzlichen Tötungen sind nicht Nebenerscheinungen des Kampfes gegen den Terrorismus, wie Kairo gerne glauben machen möchte. Sie sind vielmehr Teil des Problems.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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