Ägypten:Zensur nach Kairoer Art

Die ägyptische Regierung bedroht Journalisten, die offizielle Angaben zum Terror anzweifeln, mit Haft.

Von Paul-Anton Krüger

Zwei Jahre Haft als Mindeststrafe - das sieht der Entwurf von Ägyptens neuem Anti-Terrorismus-Gesetz vor. Nicht etwa für Bombenleger, sondern für Journalisten, die Angaben zu Anschlägen veröffentlichen, die nicht in Einklang mit den offiziellen Verlautbarungen der zuständigen Behörden stehen. Und der Justizminister bestreitet, dass damit die Pressefreiheit eingeschränkt werden soll.

Die Regierung von Präsident Abdel Fattah al-Sisi will so durchsetzen, dass bei Terroranschlägen allein ihre Sicht der Dinge publiziert werden darf. Dass Opferzahlen ein Politikum sind, kann man an der wütenden Reaktion des Regimes nach den Angriffen der Terrormiliz Islamischer Staat auf dem Sinai erkennen. Überhöhte Angaben untergrüben "die Moral des Landes", heißt es. Auch dass Opferzahlen aus politischen Gründen gefälscht werden, ist nichts Neues. Nach offizieller Kreml-Version zum Beispiel gibt es keine toten russischen Soldaten in der Ukraine. Nur Soldatengräber und mutige Mütter halfen, diese Lüge zu entlarven.

Wer garantiert, dass künftig die Zensur nur bei Opferzahlen greift, nicht auch bei den Umständen von Anschlägen? Der Gesetzentwurfe jedenfalls nicht. Ägyptens Regierung sieht sich in einem existenziellen Kampf gegen den Terror - und der Terror, so die offizielle Linie, geht ausnahmslos auf die Muslimbruderschaft zurück. Wer damit nicht konform geht, wird drangsaliert.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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