Ägypten:Wieder Anschlag auf dem Sinai

Lesezeit: 2 min

Der Armee gelingt es auch im vierten Jahr ihres Einsatzes nicht, die IS-Zelle in Ägypten auszuschalten. Die Dschihadisten kopieren zunehmend die Taktiken der Terroristen in Syrien und Irak - und zielen nun auch auf Kairo.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Die Angreifer hatten ihr Ziel offenbar gründlich ausgespäht: Als sich der Konvoi mit gepanzerten Fahrzeugen der ägyptischen Polizei näherte, explodierte laut der staatlichen Zeitung al-Ahram eine am Straßenrand versteckte ferngezündete Bombe. Dann raste ein Auto heran. Die Beamten eröffneten noch das Feuer, aber der Wagen explodierte. Mutmaßlich saß ein Selbstmordattentäter am Steuer des mit Sprengstoff vollgepackten Fahrzeugs. Anschließend schossen in der Umgebung versteckte Terroristen mit automatischen Waffen auf die Überlebenden. Mindestens 18 Polizisten wurden laut al-Ahram getötet und drei der Panzerwagen zerstört, ebenso ein Fahrzeug mit Störsendern, das helfen sollte, ähnliche Hinterhalte mit per Handy gezündeten Bomben abzuwehren. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahm den Anschlag über ihre Propaganda-Agentur Aamaq für sich in Anspruch.

Mittlerweile versuchen die Dschihadisten, auch in den Großraum Kairo einzusickern

Der Angriff, der sich am Montag etwa 16 Kilometer westlich von al-Arisch im Nordsinai ereignete, war der jüngste einer Serie zunehmend schwerer Attacken in der Provinz, die seit August 2013 unter Ausnahmezustand steht und mit einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes belegt ist. Im Juli starben mindestens 23 Soldaten, als ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe in einen Kontrollpunkt der Armee fuhr und sich in die Luft sprengte. Wenige Tage später retteten geistesgegenwärtige ägyptische Soldaten wohl Dutzenden Menschen das Leben und verhinderten einen noch schwereren Anschlag: Der Fahrer eines Kampfpanzers überrollte ein nach Militärangaben mit 100 Kilogramm Sprengstoff präpariertes Auto an einer Straßensperre und hinderte den Attentäter daran, zwischen die Menschen und Fahrzeuge am eigentlichen Kontrollpunkt vorzudringen. Am Mittwoch sprengte sich bei Rafah ein Selbstmordattentäter an einem Kontrollpunkt in die Luft und tötete zwei Rekruten.

Diese Angriffe ähneln immer stärker der Taktik der IS-Terroristen im Irak und in Syrien, wo etwa in Mossul Selbstmordattentäter mit Autobomben die gefürchtetsten Waffen der Terroristen waren. Zwar halten westliche Geheimdienste die IS-Zelle im Nordsinai für geschwächt, Ägyptens Armee kämpft seit bald vier Jahren gegen sie. Die Dschihadisten verbreiten dort aber weiter Angst und Schrecken. So werden Menschen entführt, die angeblich mit den Sicherheitskräften zusammenarbeiten - und meist werden nur ihre enthaupteten Leichen gefunden.

Zudem versuchen die Militanten offenbar, in den Großraum Kairo einzusickern, um damit den Operationen der Armee zu entgehen und Anschläge in anderen Teilen Ägyptens zu verüben. Am Wochenende stürmte die Polizei in der Hauptstadt zwei Wohnungen und tötete bei anschließenden Schießereien zehn Terrorverdächtige. Ägypten hat nach Auffassung der deutschen Behörden die Sicherheit an den Flughäfen deutlich verbessert, und auch die Urlaubsorte im Süden der Sinai-Halbinsel und an der Festlandküste am Roten Meer gelten als gut geschützt. Es kam aber außerhalb des Nordsinai mehrmals zu Anschlägen auf Kirchen.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: