Ägypten:Sicherheitskräfte töten Touristen

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Polizei und Armee halten Reisende aus Mexiko für Terroristen - und greifen an. Mindestens zwölf Menschen sterben. Sie seien ohne Erlaubnis in der Wüste gewesen, sagen die Behörden. Doch daran gibt es Zweifel.

Von Paul-Anton Krüger und Boris Herrmann, Kairo

Ägyptische Polizisten und Soldaten haben bei einer Anti-Terror-Operation in der westlichen Wüste mehrere mexikanische Touristen und deren ägyptische Begleiter getötet. Die halbamtliche Zeitung Al-Ahram berichtete unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft, zwölf Menschen seien getötet und zehn weitere verletzt worden. Unter den Toten seien mindestens sieben Mexikaner; die anderen Leichen würden noch identifiziert. Die mexikanische Regierung hatte in der Nacht bestätigt, dass zwei Landsleute getötet worden seien. Ein neues Anti-Terror-Gesetz in Ägypten stellt es unter Strafe, Informationen über Anti-Terror-Operationen zu veröffentlichen, die den offiziellen Angaben widersprechen.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus der Tourismusbranche wurden mindestens acht Ausländer getötet, dazu ein ägyptischer Reiseführer und drei Fahrer. Eine andere Quelle, die ebenfalls nicht mit Namen genannt werden wollte, sprach von bis zu 19 Toten, unter ihnen zwölf Ausländer. Eine Bestätigung durch die Regierung gab es zunächst nicht.

Der amtierende Premier Ibrahim Mehleb setzte eine Untersuchungskommission ein. Das Innenministerium teilte mit, Polizei und Militär hätten bei einer gemeinsamen Operation "terroristische Elemente" in der Gegend von al-Wahat al-Bahariya verfolgt und "versehentlich vier Allradfahrzeuge von mexikanischen Touristen angegriffen", die sich in einem gesperrten Gebiet aufgehalten hätten. Die Sprecherin des Tourismusministeriums, Rasha Azazi, sagte der Nachrichtenagentur AP, der Tourveranstalter habe weder die nötigen Genehmigungen gehabt, noch die Behörden informiert. Der SZ liegt dagegen ein Schreiben des Veranstalters vom 7. September vor, mit dem das Reiseprogramm an die Touristenpolizei übermittelt wurde.

Die Gruppe hatte sich nach SZ-Informationen am Sonntagnachmittag auf dem Weg von Kairo 40 Kilometer vor der Oase al-Bahariya zwei Kilometer von der asphaltierten Straße entfernt, um eine Essenspause zu machen. Dabei wurden sie von Hubschraubern beschossen, die nach Terroristen suchten. Vorausgegangen war eine Entführung eines Einheimischen in al-Bahariya. Daraufhin habe das Militär das sonst befahrbare Gebiet kurzfristig gesperrt.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto verurteilte den Angriff und verlangte umfassende Aufklärung. Das Außenministerium sprach von einem "schwerwiegenden Vorfall". Jorge Álvarez Fuentes, Mexikos Botschafter in Kairo, besuchte demnach fünf verletzte Mexikaner in einem Krankenhaus nahe Kairo. Ihr Zustand sei stabil. Die Botschaft in Kairo richtete eine Notfallrufnummer ein und bat um sachdienliche Hinweise zu dem Fall. In Mexiko-Stadt wurde Ägyptens Botschafter einbestellt.

© SZ vom 15.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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