Ägypten:Freispruch für Mubarak

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Ein Gericht befindet, dass der frühere Diktator nicht für den Tod von Regime-Gegnern im Jahr 2011 verantwortlich ist.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Der Tod Hunderter Demonstranten während des Arabischen Frühlings in Kairo bleibt ungesühnt. Der Kassationsgerichtshof sprach den früheren Diktator Hosni Mubarak, seinen damaligen Innenminister und vier weiter Angeklagte am Donnerstag letztinstanzlich vom Vorwurf frei, für die Tötung von Regime-Gegnern während des 17-tägigen Aufstands im Januar 2011 verantwortlich zu sein. Letztlich zwangen die Proteste von Millionen Ägyptern auf dem Tahrir-Platz in der Hauptstadt und in allen anderen großen Städten des Landes den Langzeit-Machthaber zum Rücktritt. Er hatte 1981 die Macht von Militärherrscher Anwar al-Sadat übernommen, den Islamisten ermordet hatten.

Richter Ahmed Abdel Qawi gab nach einer Anhörung Mubaraks bekannt, das Gericht habe die Angeklagten für unschuldig befunden. Als der Richter ihm die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft vorlas, er und seine Mitangeklagten hätten dafür gesorgt, Waffen und Fahrzeuge für die Angriffe auf die Protestierenden bereitzustellen, sagte Mubarak: "Dies hat nicht stattgefunden." Der 88-Jährige saß in einem Rollstuhl im Angeklagten-Käfig, die in Ägypten in Strafverfahren üblich sind. Ins Gericht wurde er auf einer Trage gebracht.

Das Gericht lehnte zugleich Anträge von Anwälten der Familien der Opfer ab, Zivilverfahren in der Sache gegen Mubarak wieder aufzunehmen. Damit sind die rechtlichen Möglichkeiten für eine Verfolgung des Ex-Diktators ausgeschöpft.

Die Demonstranten waren bei Straßenschlachten mit der Polizei und Regierungsanhängern getötet worden; insgesamt kamen mehr als 800 Menschen ums Leben. In erster Instanz hatte ein Gericht 2012 Mubarak, Innenminister Habib el-Adly und vier weitere Angeklagte zu lebenslanger Haft verurteilt. Es befand sie einer Verschwörung schuldig, die zum Tod von 239 Demonstranten geführt habe. Ein Berufungsgericht hob das Urteil aber 2014 wegen Verfahrensmängeln auf. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, über die nun der Kassationshof zu entscheiden hatte. Das Verfahren wurde wegen seiner politischen Bedeutung als der "Prozess des Jahrhunderts" bezeichnet. Mubarak lebt seit Jahren von der Öffentlichkeit abgeschirmt in einem Militärkrankenhaus im Stadtteil Maadi im Süden der Hauptstadt. Eine Haftstrafe von drei Jahren wegen Bereicherung haben er und seine ebenfalls verurteilten beiden Söhne bereits abgesessen, anderweitige Strafurteile gegen ihn gibt es nicht. Es sind noch zwei Korruptionsverfahren gegen ihn anhängig, wie eine Justizquelle der Zeitung al-Ahram sagte; in einem wird das Urteil Ende März erwartet. Mubarak sei frei, das Krankenhaus zu verlassen. Ob er das tun wird, ist unklar. Seine Gesundheit ist angeschlagen.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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