Westafrika:Malis Krise weitet sich aus

Lesezeit: 2 min

Mali ist ein von Rebellengruppen gespaltetes Land. Im Norden rufen Tuareg und Islamisten einen eigenen Staat aus, im Süden putscht die Armee. Nun droht sich die humanitäre Katastrophe auf die Nachbarländer auszuweiten.

Mirjam Moll

Bisher galt Mali als vorbildliche Demokratie in Afrika. Seit das Land sich 1992 eine demokratische Verfassung gab, entschieden Wahlurnen statt Waffen darüber, wer regieren sollte. 2007 wurden die letzten Präsidentschaftswahlen gehalten, im April waren Neuwahlen geplant. Doch dazu kam es nicht.

Bamako: Demonstranten tragen in der Hauptstadt Malis einen Sarg, auf dem der Name des Interimspräsidenten Dioncounda Traoré zu lesen ist. Sie wollen ihn nicht als Übergangspräsidenten. (Foto: AP)

Am 22. März stürzte Mali in eine politische Krise: In der Hauptstadt Bamako haben meuternde Soldaten unter der Führung von Oberst Amadou Sanago den Präsidenten Toumani Touré gestürzt und die Verfassung ausgesetzt. Die Meuterer hielt ihn für zu milde gegenüber den Tuareg-Rebellen, die im Norden des Landes seit Januar verstärkt für Unruhen gesorgt hatten.

Die Tuareg sind ein Berbervolk, die in der Sahararegion leben. Auch der ehemalige Diktator Gaddafi rekrutierte einst Tuareg für seine Zwecke. Als ihre eigentliche Heimat sehen sie die Region Azawad im Norden Malis an, für dessen Abspaltung sie kämpfen.

Die unklare Situation in der Hauptstadt Bamako machten sie sich zunutze und rückten immer weiter in den Norden vor. Mittlerweile haben sie gemeinsam mit der Islamistengruppe Ansar dine die strategisch wichtigen Städte Timbuktu, Gao und Kidal besetzt. Bereits kurz nach den Eroberungen spaltete sich die Bewegung. Die laizistische Tuareg-Bewegung, auch Befreiungsfront von Azawad (MNLA) genannt, und die Islamistengruppe kontrollieren nun jeweils Teilgebiete.

"Schlimmste Krise seit der Unabhängigkeit 1960"

Dabei kommt da etwas zusammen, was eigentlich nicht zusammen gehört: So will die Islamistengruppe in den von ihr kontrollierten Gebieten eine strenge Form der Scharia einführen. Den Tuareg geht es dagegen nur um die Unabhängigkeit der Region. Die meisten sind zwar ebenfalls Muslime, die Gruppierung will aber eine Trennung von Religion und Politik.

Doch die Wut gegen die Armee hat zumindest eine Zeit lang geeint. Denn Soldaten der Regierung hatten zuvor wahllos Bomben auf Tuareg-Gebiete abgeworfen und dabei ganze Viehherden vernichtet. Laut Amnesty International soll die Armee auch willkürlich Tuareg erschossen haben, weil sie angeblich mit der Befreiungsfront in Verbindung standen.

Bisher haben Regierungssoldaten noch versucht, die Rebellen im Norden zurückzudrängen. Berichten der malischen Zeitung L'indépendant zufolge haben die Regierungstruppen nun jedoch den Norden sich selbst überlassen. Die von Korruption und Vetternwirtschaft geschwächte Freiwilligenarmee ist zu schlecht ausgerüstet und ausgebildet, um gegen die Rebellen effektiv vorgehen zu können.

"Nach zwei Jahrzehnten von relativer Stabilität und Frieden erlebt Mali die schlimmste Krise seit der Unabhängigkeit 1960", erklärt der Westafrika-Spezialist von Amnesty International, Gaetan Mootoo. Amnesty International wirft beiden Rebellenggruppen Vergewaltigungen, Plünderungen und die Rekrutierung von Kindersoldaten vor.

Die UN berichtet, dass bereits mehr als 160.000 Menschen in Malis Nachbarländer wie Burkina Faso geflüchtet seien und auch dort zu einer humanitären Krise führen.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: