Neue Proteste in Ägypten:Demonstranten trotzen Ausgangssperre

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Tausende Menschen setzen sich in Ägypten über die nächtliche Ausgangssperre hinweg. In Port Said, Ismailia und Suez, wo der Ausnahmezustand gilt, aber auch in der Hauptstadt Kairo ziehen sie erneut auf die Straßen, um gegen die "undemokratischen Maßnahmen" von Präsident Mursi zu protestieren.

In Ägypten sind am Montagabend trotz einer für drei Städte geltenden nächtlichen Ausgangssperre erneut Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Regierung von Präsident Mohammed Mursi zu protestieren. Bei Zusammenstößen mit der Polizei kam am Abend mindestens ein Mensch ums Leben, mehrere Demonstranten wurden verletzt, berichteten Medien. Aktivisten sprachen von einem weiteren Toten.

In den drei Städten Port Said, Ismailia und Suez, über die der Ausnahmezustand verhängt worden war, protestierten Tausende Menschen gegen die "undemokratischen Maßnahmen", wie der Online-Nachrichtendienst al-Ahram berichtete. In Suez seien am Abend die Cafés und Geschäfte geöffnet geblieben, in Ismailia organisierten die Bewohner Fußballspiele vor dem Rathaus.

Die zuvor an drei Brennpunkten stationierten Soldaten griffen nicht ein, um den dort zuvor verhängten Ausnahmezustand durchzusetzen, hieß es. Allerdings kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. In Port Said habe es vor mehreren Polizeiwachen Zusammenstöße mit Demonstranten gegeben, hieß es aus Sicherheitskreisen. Dabei sei ein junger Mann erschossen worden. Die Armee teilte mit, sie habe die Erstürmung des Gefängnisses der Stadt verhindert.

Zuvor war in Kairo in der Nähe des Tahrir-Platzes laut Aktivisten ein Mensch durch Schüsse aus einer Schrotflinte getötet worden. Die Leute des Innenministeriums und die Milizen der Muslimbrüder würden von den Dächern der umliegenden Hotels mit Schrotflinten schießen, berichtet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf einen Aktivisten. Aus Sicherheitskreisen hieß es, neun Soldaten und zwei Offiziere seien verletzt und zwei Polizeifahrzeuge in Brand gesteckt worden.

Präsident Mursi will zur Wiederherstellung der Ruhe im Land nun auch verstärkt das Militär einsetzen. Staatliche Medien berichteten am Montag, dass nach einem Vorschlag der Regierung die Armee bis zur anstehenden Parlamentswahl auch Polizeiaufgaben übernehmen soll. Damit könnten künftig Soldaten Zivilisten festnehmen.

Erst am Sonntagabend hatte Mursi als Reaktion auf die tödlichen Krawalle vom Wochenende in den am Suezkanal gelegenen Städten Port Said, Suez und Ismailia den Ausnahmezustand verhängt. Dort gilt nun für 30 Tage auch eine Ausgangssperre.

Auslöser der aktuellen Sicherheitsmaßnahmen waren seit Freitag andauernde Krawalle in den nördlichen Städten Port Said und Suez sowie in Kairo. Dabei kamen fast 50 Menschen ums Leben, Hunderte Menschen wurden verletzt. Die Armee postierte daraufhin Truppen und Panzer an den Brennpunkten. Ägyptens Opposition protestierte gegen die Maßnahmen und wies ein Angebot Mursis zum Dialog zurück.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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