Zugunfall in Argentinien:Dutzende Tote bei Bahnunglück in Buenos Aires

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Ein Pendlerzug kracht ungebremst in den Prellbock eines Bahnhofs in Buenos Aires. Waggons entgleisen und werden ineinander geschoben. Hunderte Menschen sollen bei dem Unglück mitten im Berufsverkehr verletzt worden sein, Medien berichten von mindestens 40 Toten.

Peter Burghardt, Buenos Aires

Am sonnigen Mittwochmorgen fuhr der Nahverkehrszug im Bahnhof des Stadtteils Once von Buenos Aires ein, doch er konnte nicht bremsen. Erst das Ende des Bahnsteigs stoppte die blaugrau gestrichene Eisenbahn der Linie Sarmiento, mit der jeden Tag viele Tausend Menschen zwischen der argentinischen Metropole und ihrer Umgebung pendeln. Es gab einen enormen Aufprall.

"Es kann Tote gegeben haben", sagte Argentiniens Verkehrsminister Juan Pablo Schiavi und sprach von einem "sehr schweren Unfall." Kurz danach sollen nach Auskunft der Zeitung Clarín bereits mindestens 40 Leichen geborgen worden sein. Mehr als 500 weitere Fahrgäste wurden verletzt, mehrere von ihnen waren in den Trümmern eingeklemmt.

Rettungsfahrzeuge und Hubschrauber fanden sich am Unglücksort ein, Zeugen schilderten schaurige Szenen. "Es war eine Vollbremsung, ich habe mir den Arm gebrochen", erzählte eine Frau. "Ich bin hingefallen, Leute sind auf mich drauf gefallen, viele in meinem Waggon haben Brüche erlitten. Jetzt arbeitet die Feuerwehr."

Ein anderer Passagier schrieb auf Twitter: "Unglaublich, wir sind gerade in Once gegen die Station geprallt. Was für ein Desaster." Offenbar hatten die Bremsen versagt, laut des Funktionärs war der Zug da noch 26 Stundenkilometer schnell. Ein Abteil wurde wie eine Ziehharmonika in einen anderen geschoben. Bergungskräfte schnitten das Blech mit Sägen auseinander, um Opfer zu befreien.

Argentiniens Eisenbahnsystem ist in einem katastrophalen Zustand

Die Linie Sarmiento, benannt nach einem ehemaligen Staatspräsidenten, verbindet als Teil des S-Bahnnetzes auf 36 Kilometern den Vorort Moreno im Westen mit dem Viertel Once in der Innenstadt von Buenos Aires. Die Haltestelle Once mit einer angeschlossenen Metro-Strecke gehört zu den meist benützten Knotenpunkten, und im jüdisch geprägten Bezirk Once sind viele kleinere Geschäfte angesiedelt, vor allem Textilhändler.

Ungefähr zehn der 13 Millionen Einwohner des Großraums von Buenos Aires leben außerhalb der Stadtgrenzen und sind auf die immer noch relativ billige Fortbewegung auf Gleisen angewiesen. Immer wieder gibt es Ärger, weil die Züge veraltet und schlecht gewartet sind. Es kam in den vergangenen Jahren zu mehreren tödlichen Zwischenfällen mit Stadtbussen und Zügen, zuletzt an einer defekten Schranke.

Bereits seit den Privatisierungsexzessen unter dem früheren Präsidenten Carlos Menem ist das nationale Eisenbahnsystem in einem katastrophalen Zustand. Menems Nachfolger änderten wenig daran.

© SZ vom 23.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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