Wrack der "Costa Concordia":Auf in den letzten Hafen

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Das Wrack der Costa Concordia ragt vor der kleinen Insel Giglio aus dem Meer. (Foto: REUTERS)

Während Italien zwei Jahre nach der Havarie der "Costa Concordia" der Opfer des Unglücks gedenkt, schwimmt das Wrack immer noch vor Giglio. Im Juni soll es abgeschleppt werden - aber wohin? Häfen und Werften auf der ganzen Welt wollen das Schiff zerlegen.

Von Andrea Bachstein, Rom

Wenn an diesem Montag die Schiffsglocken und Sirenen verklungen sein werden, die um genau 21.45 Uhr ertönen vor Giglio, wird es sehr still werden. Mit schweigendem Gebet wird zum Abschluss der Gedenkfeiern für die Opfer am zweiten Jahrestag der Havarie der Costa Concordia gedacht, der 32 Menschen, die am 13. Januar 2012 umkamen, nachdem ihr Kapitän Francesco Schettino die Costa Concordia um 21:45 Uhr mit mehr als 4229 Menschen an Bord auf die Klippen direkt vor der toskanischen Insel gelenkt hatte.

Gottesdienste in den Inselkirchen, Konzert und Fackelzug umrahmen den Tag, der das Drama jener Nacht wieder wachruft. Deren Schrecken waren manchmal in den Hintergrund gerückt, etwa im vergangenen September bei der spektakulären Wiederaufrichtung des kolossalen Wracks vor Giglio. Damit die technische Seite nicht am Jahrestag die menschliche Seite der Katastrophe stört, haben in Rom schon vorher die Verantwortlichen berichtet, wie es mit dem Wrack weitergeht, Italiens Zivilschutzchef und Sonderkommissar für die Costa Concordia, Franco Gabrielli, der Leiter des Bergungsprojekts, der Vize-Umweltminister und der Vorstandschef von Costa Crociere, Michael Thamm.

Seine ersten Worte gelten aber auch da den Opfern. "Der Unfall ist Teil unserer DNA geworden. Unser Ziel ist es, dass so etwas nie wieder passiert", sagt er. Dafür werde alles getan. Nicht nur die internationalen Standards für Sicherheit auf Kreuzfahrtschiffen seien verbessert, sein Unternehmen habe darüber hinaus Konsequenzen gezogen. So findet die Sicherheitsübung mit den Passagieren nun schon vor Auslaufen der Schiffe statt, und die Reederei hat technisch so aufgerüstet, dass sie in der Zentrale in Genua stets die genaue Position ihrer Schiff sehen. Strenger geregelt ist, wer auf die Kommandobrücken darf. Das Chaos, das dort auf der Costa Concordia herrschte, war ein Faktor für die Katastrophe.

Beim Wrack vor Giglio läuft bisher alles nach Plan, erzählt Bergungsdirektor Franco Porcellacchia. Soweit das Winterwetter es zulässt. Dessen Wellengängen und Stürmen hält das Wrack jedenfalls bisher aufrecht stand, es rührt sich keinen Millimeter auf der Plattform, die es unter Wasser stützt. Als Nächstes werden die letzten der 15 Stahlcontainer an den Seiten montiert, die als Schwimmkörper dienen, damit das Schiff im Juni zum Abwracken geschleppt werden kann.

Wohin aber seine letzte Fahrt geht, entscheidet sich erst im März. Zwölf Häfen und Werften bewerben sich, selbst in Norwegen und China. Doch je kürzer diese Reise ist, desto sicherer und besser. Nur ist für Arbeiten an einem so großen Schiff, das 300 Meter lang ist und jetzt 18,5 Meter Tiefgang hat, kaum ein Hafen gerüstet. In Italien hofft man sehr, dass es ein heimischer Hafen sein wird. Am nächsten liegen Piombino und Civitavecchia, aber auch Genua und Palermo könnten den Auftrag wegen der Jobs gut gebrauchen - überall aber müssten zuerst die Kais umgebaut werden.

Bis zu zwei Jahre könne das Zerlegen dauern

Eines soll garantiert sein: dass jedes Stück umweltgerecht entsorgt wird, versichert Andrea Orlando vom Umweltministerium. Bis zu zwei Jahre könne das Zerlegen dauern, sagt Thamm. Dennoch sei das der kleinste Teil der Bergungskosten, die sich am Ende auf 600 Millionen Euro summieren sollen.

Unterdessen wird mit dem Kreuzfahrt-Tourismus weiter gutes Geld gemacht. Die Geschäfte seien auch 2013 positiv gelaufen in der Costa-Gruppe, sagt Vorstandschef Thamm. Genauer darf er nicht werden, ehe der Geschäftsbericht der AG vorliegt. Aber offenbar sind es noch mehr als die zwei Millionen Passagiere von 2012 geworden. Der Kreuzfahrtverband Clia konstatiert für die Branche in Europa steten Wachstumskurs, 6,1 Millionen europäische Urlauber gingen 2012 an Bord, doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor.

Was einst Inbegriff des teuren Luxus für ein älteres Publikum war, ist erschwinglich geworden für viele. Und der Unterhaltungswert der zunehmend wie Vergnügungsparks ausgestatteten Schiffe zieht nicht nur immer mehr, sondern auch immer jüngere Menschen an, die ihren Urlaub als Event auf See erleben wollen, berichtet der Deutsche Reiseverband DRV. 1,5 Millionen Passagiere waren es 2012 auf dem deutschen Markt für Hochseekreuzfahrten, ein Zuwachs um elf Prozent. Das Mittelmeer ist am beliebtesten, doch nördliche Breiten legen stark zu. Wie optimistisch die Veranstalter für die Zukunft sind, zeigt sich daran, dass sie investieren - bis 2016 sollen Werften in Europa für mehr als zehn Milliarden Euro 20 neue Schiffe bauen.

Ob die Katastrophe der Costa Concordia schon geklärt ist, wenn ihr Wrack ins Dock geschleppt wird, ist ungewiss. Im Prozess gegen den einzigen Angeklagten Francesco Schettino werden in Grosseto weiter Zeugen gehört. Der Kommandant will beweisen, dass die Reederei Mitschuld hat am Unglück der Rettungsaktion. Er muss mit bis zu 20 Jahren Haft rechnen.

© SZ vom 13.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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