Vierfachmord von Eislingen:Habgier und Abenteuerlust

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Sie klauten Alkohol und Waffen: Im Prozess um den Vierfachmord von Eislingen vor dem Landgericht Ulm äußert sich einer der Angeklagten über frühere Vergehen - die Verteidigung kündigt Geständnisse an.

Im Prozess um den Vierfachmord an einer Familie in Eislingen hat es am Donnerstag die erste Aussage eines der Angeklagten gegeben. Während der Äußerung des 19-jährigen Frederik B. vor der Jugendkammer des Landgerichts Ulm wurden die Medienvertreter auf Antrag des Verteidigers ausgeschlossen. Die gesamte Verhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, nur neun Journalisten wurden nach einer umstrittenen Auslosung im Gerichtssaal zugelassen.

Journalisten vor dem Ulmer Gerichtssaal, in dem der Vierfachmord von Eislingen verhandelt wird. (Foto: Foto: ddp)

Bei der Aussage des Angeklagten ging es vor allem um Einbrüche und Diebstähle, die Frederik B. zusammen mit dem mitangeklagten Sohn der getöteten Familie, Andreas H., begangen haben soll, als sie noch nicht volljährig waren. Im Sommer 2007 seien sie in eine Schule in Eislingen eingebrochen und hätten einen Computer und einen Beamer entwendet. Ferner seien sie zweimal in ein Vereinsheim und in einen Supermarkt eingebrochen. In dem Discounter stahlen sie laut Anklage einige hundert Euro sowie Alkohol.

Die beiden Schulfreunde verübten die Einbruche nach Darstellung des Anwalts von Andreas H. aus Abenteuerlust. Sie entwendeten Zigaretten, obwohl sie eigentlich nicht rauchten, sagte Anwalt Hans Steffan in einer Verhandlungspause zu der Aussage von Frederik.

Zu einem Bericht der Online-Ausgabe des Stern, demzufolge die beiden Angeklagten auch geplant haben sollen, die Eltern von Frederik B. zu töten, sagte der Anwalt lediglich: "Es wird viel spekuliert." Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte dazu: "Bei uns ist kein Ermittlungsverfahren wegen der Verabredung eines Verbrechens anhängig ."

Mit 30 Schüssen ermordet

Der 57-jährige Heilpraktiker Hansjürgen H. und seine 55-jährige Frau Else sowie deren 22 und 24 Jahre alten Töchter waren am 9. April dieses Jahres in ihrem Wohnhaus mit 30 Schüssen ermordet worden. Zuerst erschossen die befreundeten jungen Männer laut Staatsanwaltschaft gegen 22 Uhr die Schwestern vor dem Fernseher.

Danach suchten sie die Eltern von H. in einer Gaststätte auf, plauderten mit ihnen, kehrten nach einer Stunde zum Haus zurück und erschossen das Ehepaar bei der Rückkehr. Zwischendurch zogen sie sich jeweils "Tatkleidung" an. Die beiden Tatwaffen sollen aus einem Einbruch bei der Schützengilde Eislingen von Oktober 2008 stammen.

Am ersten Prozesstag, vergangenen Montag, war zunächst nur die Anklage verlesen worden. Die Verteidiger hatten vorab Geständnisse der Angeklagten angekündigt. Zuvor aber wollen sie das noch nicht fertiggestellte psychiatrische Gutachten abwarten. Andreas H. hatte sich erst kurz vor Prozessbeginn bereiterklärt, mit dem Psychiater zu sprechen. Sein Verteidiger hatte erklärt: "Die Tatvorwürfe werden von meinem Mandanten im Prozess nicht bestritten."

Frederik B. hatte die Tat schon bei der Polizei gestanden. Er sagte: "Wir waren das zusammen." Er verriet auch das Versteck der Waffen und Kleidung im Wald.

Laut Anklage wollte Andreas H. zu Hause ausziehen und das Vermögen seiner Eltern - 256000 Euro - erben und seinen Freund beteiligen.

Andreas H., das jüngste Kind der ermordeten Familie, will sich am 4. November zu den Vorwürfen äußern. Das Urteil wird voraussichtlich am 27. Januar 2010 verkündet.

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