Tödliche Tritte:Prozess um Tötung von Streitschlichter begonnen

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Die Staatsanwaltschaft vermutet niedere Beweggründe: Ein 20-Jähriger soll einen anderen jungen Mann zu Tode getreten haben, nun steht er vor Gericht. Weil der mutmaßliche Täter ausländische Wurzeln hat, versucht die NPD den Fall für sich zu nutzen.

Sechs Monate nach einer tödlichen Attacke auf einen Streitschlichter im niedersächsischem Weyhe hat am Dienstag vor dem Landgericht Verden der Mord-Prozess gegen den 20-jährigen mutmaßlicher Täter begonnen. Laut Anklage soll er den 25-Jährigen nach einem Streit, in dem der junge Mann vermitteln wollte, hinterrücks umgetreten und so schwer verletzt haben, dass er starb.

Die Staatsanwaltschaft wertet die Attacke als heimtückischen Mord aus niederen Beweggründen. Demnach wollte der 25-Jährige am Tattag einen Streit zwischen dem 20-Jährigen und anderen Fahrgästen in einem Bus schlichten. Als der junge Mann dann am Bahnhof des Ortsteils Kirchweyhe ausgestiegen war, habe der Angeklagte ihn mit einem Kampfsport-Tritt in den Rücken gegen den Bus geschleudert. Dabei habe das völlig überraschte Opfer keine Abwehrmöglichkeit gehabt und sei bewusstlos liegengeblieben. Anschließend habe der Angeklagte "mit Tötungswillen" weiter auf ihn eingetreten.

Nach Angaben einer Gerichtssprecherin wurde zum Prozessauftakt lediglich die Anklage verlesen. Der nächste Termin in dem Verfahren ist Ende September. Der Prozess soll voraussichtlich noch bis Dezember dauern.

Der Fall hatte großes Aufsehen erregt, auch weil die rechtsextreme NPD das Geschehen ausnutzen wollten. Dagegen wehrten sich die Einwohner von Weyhe mit Mahnwachen.

Nach dem Tod des 25-Jährigen hatten die Weyher mit Mahnwachen gegen Gewalt protestiert und ihrer Trauer Ausdruck verliehen. Auch die rechtsextreme NPD wollte den Fall wegen der ausländischen Wurzeln des mutmaßlichen Täters für ihre Propaganda nutzen und rief in den Tagen danach zu Versammlungen auf. Dem stellten sich die Einwohner und die Gemeinde mit neuen Mahnwachen entgegen.

Aufgrund von zahlreichen Droh-Anrufen und Hass-E-Mails aus dem rechtsextremen Lager erstattete der Bürgermeister von Weyhe nach eigenen Angaben inzwischen bereits in mehr als 100 Fällen Anzeige. Es sei nicht hinnehmbar, dass Mitarbeiter der Weyher Verwaltung bedroht und beleidigt würden.

© Süddeutsche.de/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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