Streit zwischen Österreich und Slowenien:Kampf um die Käsekrainer

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"Wir lassen uns die Krainer nicht verbieten", heißt es aus der österreichischen Regierung und auch im Wurstland Deutschland wird ein Einspruch gegen einen Antrag Sloweniens geprüft. Das Land will sich die "Krainer Wurst" schützen lassen.

Cathrin Kahlweit

Texte, die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden, haben selten einen lyrischen Gehalt, sie gelten als schwer verdauliche Materie. Nun aber haben die Slowenen einen "Eintragungsantrag" eingebracht, der sich so schön liest, dass man schon aus literarischen und emotionalen Gründen geneigt ist, ihr Anliegen für begründet zu halten. Die Regierung in Ljubljana möchte ihre Kranjska Klobasa, ihre Krainer Wurst, als traditionelle Herkunftsbezeichnung schützen lassen - damit andere Länder, etwa die Rechtsnachfolger der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie, zu der die Region Krain lange gehörte, nicht mehr behaupten dürfen, auch sie stellten echte "Krainer Wurst" her.

Heiß, fettig und umstritten: Die Slowenen wollen sich die "Krainer Wurst" als Herkunftsbezeichnung schützen lassen - sehr zum Ärger der Österreicher. (Foto: dpa)

Die Autoren beschreiben ihr zu schützendes Gut anfangs noch prosaisch als "Fleischerzeugnis", aber dann geraten sie umstandslos ins Schwelgen: Sie schildern ausführlich, wie die Krainer Bauern im schwer zugänglichen Bergland ihre Schweine hielten, wie bereits auf mittelalterlichen Fresken Würste zu sehen sind, die sehr wohl schon traditionelle Krainer Würste gewesen sein könnten, wie diese ihren besonderen Geschmack erhält ("die Kranjska Klobasa hat ihre ganz eigene, ein wenig grobe, aber saftige und knackige Textur, die hell rosarote Farbe des Anschnitts und das charakteristische Aroma gepökelten Schweinefleisches") und schildern zum Schluss, wie selbst Kaiser Franz Josef selig bei einer Reise durch das Krainer Gebiet eine Wurst verzehrte, welche die beschämte Gastwirtin entschuldigend als "einfache Hauswurst" bezeichnete, worauf der Kaiser ausgerufen haben soll: "Das ist keine gewöhnliche Wurst, das ist eine Krainer Wurst!"

Nur: Auch anderswo auf der Welt gibt es die sogenannte Krainer Wurst, und so ist der Antrag aus Slowenien, eben dieses regionale Produkt schützen zu lassen, bei österreichischen Metzgern - und bei den Konsumenten - auf heftigen Protest gestoßen.

Denn auch dem Österreicher ist seine Krainer heilig, und insbesondere die Käsekrainer, die der Wiener liebevoll "Eitrige" nennt. Die EU-Kommission hat jedoch Verständnis für die Slowenen erkennen lassen. Und all jene, die ihre Käsekrainer in Zukunft nicht etwa simpel "Käsewurst" nennen wollen oder, wie in einer Umfrage im Standard vorgeschlagen, "The Wurst formerly known as Käsekrainer", machen sich nun große Sorgen. Das Landwirtschaftsministerium will in Brüssel noch vor Ablauf der Frist im August Einspruch erheben. "Wir lassen uns die Krainer nicht verbieten", hat Minister Niklaus Berlakowitsch wissen lassen. Und auch im Wurstland Deutschland wird ein Einspruch bei der EU geprüft.

In Wien wird der Vorstoß, den Österreichern ihre geliebten Krainer zu nehmen, als Retourkutsche für den Streit ums Kernöl interpretiert. Das steirische Öl ist seit 1996 geschützt. Unlängst versuchte Ljubljana nun, sich das slowenische Konkurrenzprodukt als "steirisches Kürbiskernöl jenseits der Mur" eintragen zu lassen. Die steirischen Bauern liefen in Brüssel Sturm. Denn die erzwungene Umbenennung eines Produkts kann neben einem Imageverlust auch massive wirtschaftliche Einbußen mit sich bringen.

Europaweit sind mehr als 1000 Produkte per Herkunftsbezeichnung geschützt, und nicht selten hat der Streit darum den europäischen Frieden gefährdet: Den Krieg um den Cognac gewannen die Franzosen, jenen um die Karlsbader Oblaten die Tschechen. Der Sieger im Kampf um die Kranjska Klobasa wird demnächst gekürt.

© SZ vom 17.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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