Schweden:Hen, Han, Hon

Ist ein neues Pronomen in der schwedischen Sprache Ausdruck für mehr gelebte Gleichberechtigung?

Von THomas Steinfeld

Soeben ist die "Wörterliste der Schwedischen Akademie" in der vierzehnten Auflage erschienen. Ihr Zweck ist es, alle gegenwärtig im Gebrauch befindlichen schwedischen Wörter zu verzeichnen. Und selbstverständlich sind einige der insgesamt 13 000 Zugänge (bei etwa 130 000 Einträgen) merkwürdig: weniger das Wort "överklasssafari"("Jagdausflug für Angehörige der Oberschicht") als vielmehr das Pronomen "hen". So viel ist über dieses Wörtchen geredet worden, dass darin eine kleine Kulturrevolution zu stecken scheint: Denn in "hen" verschmelzen "han" (er) und "hon" (sie). Im "hen" verbirgt sich also die Vision einer geschlechtsneutralen Sprache, einer neuen Etappe der Gleichberechtigung, mit der es in Schweden ja weiter vorangegangen sein soll als in irgendeinem anderen Land der Welt. Der Schritt zum "hen" ist allerdings etwas weniger spektakulär, als man sich das, mit der deutschen Sprache im Sinn, so vorstellt. Denn der Unterschied zwischen Maskulinum und Femininum ist im Schwedischen ohnehin im Utrum aufgehoben, in einer Form für beide Geschlechter. Daneben gibt es das Neutrum, das sächliche Geschlecht. Das Pronomen ist deswegen die einzige Stelle in der schwedischen Sprache, an der männlich und weiblich überhaupt erkennbar ist. Ob die Erziehung des schwedischen Volkes mit den Mitteln der Sprachpolitik Erfolg hat, ist aber ungewiss. Zwar gelang vor 50 Jahren der mit ähnlichen Mitteln durchgesetzte Übergang vom "Sie" zum universalen "du". Doch kehrt das "Sie" seit einigen Jahren zurück, und zwar als die Form, in der ein Verkäufer einen Kunden anspricht. Das hatten sich die Sozialingenieure, die das "Sie" abschafften, so nicht vorgestellt.

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