Schönheitswettbewerb in Indonesien:Miss Worlds innere Werte

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"Stoppt den Miss-World-Schönheitswettbewerb", fordert ein junger Vater während einer Demonstration in Jakarta. (Foto: Mast Irham/dpa)

"Miss World - fahr zur Hölle" war zuletzt auf Plakaten wütender Muslime in der indonesischen Hauptstadt Jakarta zu lesen. Aus Rücksicht auf den islamischen Glauben vieler Indonesier sollen die Miss-World-Kandidatinnen nicht im Bikini auftreten - und das Ferienparadies Bali bis zum Finale nicht verlassen.

Von Arne Perras

Nun können die jungen Damen ihre Bikinis also gleich im Koffer lassen. Sie müssen es sogar. Nackte Haut für die Kameras? Viel wird davon beim Miss-World-Finale 2013 nicht zu sehen sein, dafür umso mehr sittsames Tuch. Sollte es bei dem seit Jahren immer wieder umstrittenen Wettbewerb auf einmal doch mehr um die innere Schönheit gehen als um zur Schau gestellte äußere Reize? Damit hat die neue Zugeknöpftheit wohl weniger zu tun. Hinter dem Bikini-Verbot stecken vielmehr die Zwänge eines Austragungsortes, der den diesjährigen Wettbewerb zu einem gewagten Unternehmen macht.

Im Gastland Indonesien, wo sich die 131 Bewerberinnen um den Titel am Sonntag zusammengefunden haben, regt sich lauter Protest. "Miss World - fahr zur Hölle" war zuletzt auf Plakaten wütender Muslime in der Hauptstadt Jakarta zu lesen. Es gab Furor auf den Straßen und einige Hundert Demonstranten. Eine Massenbewegung sieht zwar anders aus. Dafür waren die wenigen aber sehr wütend.

Den Auftritt im zweiteiligen Bade-Dress haben die Organisatoren deshalb aus dem Programm gestrichen, in der Hoffnung, dass das Spektakel so ohne größere Schwierigkeiten über die Bühne gehen kann. Ob dies tatsächlich gelingt, ist ungewiss. Inzwischen haben die Organisatoren, um dem Ärger noch weiter aus dem Wege zu gehen, sogar den Schauplatz für das große Finale verlegt. Ursprünglich sollte Miss World ganz in der Nähe der Hauptstadt Jakarta gekürt werden, auf der Insel Java. Nun bleiben die Kandidatinnen auf der Insel Bali, dem an Bikinis gewöhnten Ferienparadies, wo sie sich am Sonntag zu ihrem ersten Auftritt versammelten. Dort soll am 28. September auch die Siegerin gekürt werden.

Bali ist viel nackte Haut gewohnt

Anders als auf Java, wo der Islam dominiert, ist die Ferieninsel Bali vorwiegend von Hindus bewohnt. Offenbar rechnen die Organisatoren dort mit weniger Widerstand, auch weil sich an den Stränden ohnehin viele, oftmals nur leicht bedeckte Touristen tummeln.

Indonesien ist das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt, rund 200 der 235 Millionen Bewohner sind islamischen Glaubens. Radikale Islamisten sind allerdings eine Minderheit. Von den religiösen Hardlinern waren Proteste gegen die Miss-World-Wahl zu erwarten gewesen, doch auch der oberste religiöse Rat Indonesiens, abgekürzt UMI, hat sich gegen das Spektakel ausgesprochen. Islam-Gelehrte klagen, dass der Wettbewerb religiöse Gefühle von Muslimen verletze und gegen die islamische Lehre verstoße. Der Religionsminister Indonesiens, Suryadharma Ali, schloss sich noch Ende August dem Ruf nach einer Absage an und erklärte: "Wir sollten der Ethik und der Moral unseres Landes treu bleiben."

Die Sittenwächter haben gesprochen. Dennoch findet der Wettbewerb nun statt. Auf der einen Seite gibt es zwar Proteste, auf der anderen Seite erwarten sich manche Kräfte von dem Spektakel aber auch neue Impulse für den Tourismus. Der Schönheitswettbewerb als Werbetrommel. Wieder andere wollen nicht erleben, dass sich die Radikalen mit ihrem Lärm immer wieder durchsetzen. Erst im vergangenen Jahr hatten sie mit ihren Protesten erreicht, dass ein Konzert von Lady Gaga abgesagt werden musste.

Die Massen gehen nicht auf die Straße, aber das bedeutet auch nicht, dass viele Menschen große Sympathie für solche Wettbewerbe mitbringen. Marwah Daud Ibrahim, Vorsitzende der "Vereinigung muslimischer Intellektueller" (ICMI), sagt dazu: "Was Miss World betrifft, so gibt es zumindest eine recht breite Ablehnung gegen diese Form der Badekleidung."

Teilnehmerinnen der Miss World 2013 in traditionellen Gewändern bei der Eröffnungsveranstaltung in Nusa Dua, Bali (Foto: dpa)

Kompromiss für den Tourismus

Gleichwohl findet die ICMI-Vorsitzende, dass Indonesien durchaus Platz für einen Schönheitswettbewerb haben sollte, und bringt dafür vor allem wirtschaftliche Gründe vor. Indonesiens Tourismus könnte von so viel inszenierter Schönheit profitieren.

"Das Ganze nach Bali zu verschieben war ein guter Kompromiss", sagt Ibrahim deshalb. Dort blühe ohnehin das Geschäft mit den Reisenden, und da passten die Damen aus aller Welt auch besser hin als in den Westen Javas, nahe der Hauptstadt. "Dort kommen eben doch leicht wieder Proteste hoch", fürchtet sie. "Und ich bin mir nicht sicher, ob sie tatsächlich zu kontrollieren wären."

Ein Kommentator in der Tageszeitung Jakarta Post erinnerte unlängst an den Schrecken von Nigeria, wo der Streit um die Miss-World-Wahlen 2002, die auch noch während des Ramadans geplant waren, zu blutigen Unruhen zwischen Christen und Muslimen führte. 200 Menschen starben damals in Westafrika, Tausende wurden vertrieben. Dass sich so etwas nun in Indonesien wiederholt, ist nicht sehr wahrscheinlich. Zumal die Veranstalter alles tun, um ihre Kandidatinnen so bedeckt zu halten wie nur möglich. Dennoch dürften manche Indonesier aufatmen, dass der Schaulauf der Schönen nun in Bali über die Bühne gehen soll.

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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