Saudi-Arabien:Prinzessin löst mit "Vogue"-Cover Empörung aus

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Freude am Fahren: Die saudische Prinzessin Hayfa auf dem Cover der Juni-Ausgabe der arabischen Vogue. (Foto: Vogue)

Eine Titelseite mit einer Frau, die in High-Heels am Steuer eines Mercedes sitzt, erregt die Gemüter in Saudi-Arabien. Der Ärger richtet sich aber nicht gegen die Fahrerin, sondern gegen das Herrscherhaus und gegen die Zeitschrift.

Von Moritz Baumstieger

Der weiße Schleier zur eleganten Robe ist weit nach hinten geschoben, schwarzes Haar umrahmt das Frauengesicht mit dem leicht lasziven, leicht geheimnisvollen Blick. Die rechte Hand der Dame ruht auf dem Steuerrad eines weinroten Mercedes SL, der sich mit ihren High Heels sicher nicht ganz einfach fahren lässt. Aber anlassen sollte Hayfa bint Abdullah Al Saud das Cabrio sowieso besser noch nicht: Das Fahrverbot für Frauen, das in ihrer Heimat Saudi-Arabien bisher gilt, wird erst zum 24. Juni aufgehoben.

Anlässlich dieses historischen Datums widmet die arabische Ausgabe der Vogue dem Königreich im Wandel eine volle Ausgabe. "Eine Huldigung der bahnbrechenden Frauen Saudi-Arabiens" ist das Juni-Heft untertitelt - und bahnbrechend ist die Titelstory tatsächlich: Die Dame, die sich da in dem Auto räkelt, ist Mitglied der königlichen Familie, Hayfa ist eines der mehr als 30 Kinder des 2015 verstorbenen König Abdullah. Wie den Menschen in der Region bewusst sei, lebe die Herrschaftsfamilie sonst extrem zurückgezogen, schreibt Vogue Arabia-Chefredakteur Manuel Arnaut im Begleittext. Deshalb sei es nur fair, es einen "extremen Akt des Mutes zu nennen", dass sich die Prinzessin auf das Foto-Shooting einließ.

Menschenrechtler würden nun einwenden, dass eher Aktivistinnen wie Loujain al-Hathloul extremen Mut bewiesen, die jahrelang für Frauenrechte in Saudi-Arabien kämpften. Al-Hathloul veröffentlichte mehrere Videos, in denen sie ein Auto fuhr und wurde deshalb mehrmals verhaftet. Nicht nur in der Vergangenheit, auch gerade jetzt, da sich Thronfolger Mohammed bin Salman zum großen Reformer aufschwingt und vorgibt, die saudische Gesellschaft zu öffnen: Wie zehn weitere Aktivistinnen und Aktivisten wurde al-Hathloul vor Kurzen festgenommen und wird seither in Isolation gehalten.

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Das neue Gesetz solle dazu beitragen, die individuelle Würde zu bewahren, die der Islam garantiere, heißt es aus dem Königreich.

Die Prinzessin hingegen fiel bisher nicht als Advokatin des Wandels auf, zumindest nicht in der Öffentlichkeit: Hayfa widme ihr Leben der Familie und der Kunst, heißt es in der Vogue. Sie sei "ernsthaft involviert in die Erziehung ihrer drei kleinen Kinder" und verlasse "sich nicht auf eine Armee von Kindermädchen". Im Privaten aber hat sich die Prinzessin, die 1981 geboren wurde und 2005 ein anderes Mitglied der königlichen Familie heiratete, durchaus emanzipiert: Als sie im Jahr 2000 mit einer Künstlerin zusammentraf, begann sie zu malen. "Der größte Teil meiner Familie dachte, das sei ein Witz, ich sei in einer Phase - diese Phase dauert nun schon fast zwei Jahrzehnte", erzählt Hayfa. Als sie ihren Vater, den damaligen König Abdullah, das erste Mal malte, gefiel ihm seine Nase nicht. Die Prinzessin ging dennoch ihren Weg weiter. Sie verortete sich fortan im Surrealismus, studierte bis 2015 an der Kunstakademie San Francisco und stellte von 2016 an in Dschiddah und New York aus.

Die Empörung, die das Vogue-Cover nun auslöste, richtet sich denn auch weniger gegen Hayfa selbst, als gegen das Königshaus und die Zeitschrift. Spätestens mit der Verhaftung der elf Frauenrechtlerinnen ist klar, wie sich Hayfas Cousin Mohammad bin Salman die Zukunft vorstellt: Gesellschaftliche Veränderungen werden von oben diktiert, wenn sie Image und Wirtschaft des Königreichs nutzen. Wer aber Rechte einzufordern wagt und die Politik der herrschenden Familie auch nur geringfügig infrage stellt, wird verhaftet und als "Verräter" verunglimpft.

Die Vogue hingegen hat ein weiteres Mal bewiesen, dass ihr im Umgang mit Autokraten aus der Region das politische Hintergrundwissen fehlt - oder schlicht der moralische Kompass. Im März 2011, als der arabische Ableger noch nicht gegründet war, feierte die US-Ausgabe des Blattes eine "Rose der Wüste" auf dem Titel und in einer Ergebenheitsadresse im Heft. Ihr Name: Asma al-Assad, Gattin des syrischen Diktators, der nur wenig später Schüsse auf Demonstranten befahl und sein Land in einen grausamen Bürgerkrieg stürzte.

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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