Aussage der Mutter im Drach-Prozess:"Man muss keine Angst vor ihm haben"

Lesezeit: 2 min

Ihre Söhne hätten sich über das Lösegeld zerstritten, bestätigt die Mutter im Prozess um die versuchte Erpressung Thomas Drachs an seinem eigenen Bruder. Der verurteilte Reemtsma-Entführer habe sich im Gefängnis verändert, sagt die Mutter. Auch ein weiterer Zeuge beschreibt, wie die Einzelhaft den Straftäter zermürbt.

Es geht um umgerechet etwa 18 Millionen Euro: Das Lösegeld aus der spektakulären Entführung des Hamburger Millionärs Jan-Philipp Reemtsma ist noch immer größtenteils verschwunden - und hat dessen Kidnapper erneut vor Gericht gebracht. "Es geht um dieses Geld, von dieser Reemtsma-Entführung", sagte Drachs 75 Jahre alte Mutter vor dem Landgericht Hamburg aus. Drach soll seinen Bruder verdächtigt haben, Lösegeld-Millionen an sich genommen zu haben - und dann wiederum versucht haben, ihn zu erpressen.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wird dem Entführer von Jan-Philipp Reemtsma derzeit in Hamburg erneut der Prozess gemacht. (Foto: dpa)

Die Frau bestätigte, dass ihre beiden Söhne wegen des Lösegelds zerstritten sind. Die derbe Sprache ihres Sohnes - den jüngeren Bruder nennt er meist "Ratte" oder "Versagerschwein" - führt sie auf die lange Einzelhaft zurück. "Er muss immer alleine sitzen, dann rastet man wahrscheinlich aus." In der Einzelhaft habe sich ihr Sohn sehr verändert, er sei "so krass geworden". Sie hoffe sehr, dass Thomas im nächsten Jahr entlassen werde, sagte sie weiter, "dass das mal ein Ende hat". So gefährlich sei der 51-Jährige zudem nicht: "Er ist doch gar nicht so, dass andere Angst haben müssen vor ihm."

Die Staatsanwaltschaft wirft Drach vor, er habe einen Freund in verklausulierten Briefen aus dem Gefängnis heraus dazu bringen wollen, seinen jüngeren Bruder um Millionen zu erpressen. Auch besagter Freund, der auf Ibiza lebt, machte vor dem Hamburger Gericht seine Aussage. Drach bezeichnete er als "frustriert". "Ich kann das auch nachvollziehen. Da stauen sich Aggressionen auf und die müssen dann raus", sagte der 54-Jährige. "Es geht auf seine Entlassung zu und man versucht, ihm mit so einem lapidaren Fall einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen", sagte der Freund.

Drach hatte ihm im Februar 2009 aus der Haft heraus zwei Briefe geschickt. Die Staatsanwaltschaft sieht in den Schreiben Hinweise darauf, dass Drach ihn zur Erpressung des Bruders um mehrere Millionen Euro anstiften wollte. Die Verteidigung hatte zum Auftakt des Prozesses die Einstellung des Verfahrens gefordert, da "kein hinreichender Tatverdacht" bestehe. Der Freund sagte vor Gericht, er habe sich unter vielen Formulierungen in den Briefen nichts vorstellen können.

Belastende Einzelhaft

Dass Drach auf einige Leute sauer sei, sei nach der Zeit im Gefängnis normal. Auch auf seinen Bruder sei Drach sauer gewesen. Drach habe sich in der Haft verändert, er sei aggressiver geworden, sagte der Mann weiter und führte dasselbe Argument wie dessen Mutter an: "Ihn belastet natürlich auch die Einzelhaft." Der Zeuge und Drach hatten sich Ende der achtziger Jahre im Gefängnis kennengelernt.

1996 entführten Thomas Drach und seine Komplizen den Hamburger Millionär und Sozialforscher Jan Philipp Reemtsma und hielten ihn 33 Tage lang gefangen. Sie erpressten ein Lösegeld von 15 Millionen Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken. Nur ein kleiner Teil der Beute ist bislang wieder aufgetaucht. Seine Strafe für die Entführung hätte Drach eigentlich im Juli 2012 abgesessen. Wird er jetzt erneut verurteilt, könnte er noch länger im Gefängnis bleiben.

© sueddeutsche.de/dpa/dapd/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: