Prozess:Transport im Eier-Wagen

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Cédric Herrou steht jetzt in Nizza vor Gericht. (Foto: Valery Hache/AFP)

Der französische Bauer Cédric Herrou half Dutzenden Flüchtlingen über die Grenze, nun steht er in Nizza vor Gericht. Zum Prozessauftakt erhielt er viel Zuspruch.

Von Leila Al-Serori, Nizza

Früher, da drehte sich bei Cédric Herrou alles um Oliven und Hühner. Früher, das war vor der Flüchtlingskrise in Europa, bevor er anfing, Menschen ohne Papiere bei der Einreise nach Frankreich zu helfen. Nun steht der 37-jährige Landwirt aus dem südfranzösischen Roya-Tal nahe der italienischen Grenze vor Gericht - angeklagt wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung. Im schlimmsten Fall drohen dafür fünf Jahre Haft und 30 000 Euro Geldstrafe. Der Staatsanwalt fordert nach der Anhörung Herrous in Nizza acht Monate auf Bewährung.

Im August nehmen Polizisten ihn das erste Mal fest, weil er acht Flüchtlinge mit dem Auto von Italien nach Frankreich bringen will. Der Landwirt wird ins Gefängnis gesteckt, die Eritreer zurück hinter die Grenze gebracht. 48 Stunden später ist er wieder auf freiem Fuß. Er handle aus humanitären Gründen, befindet der Staatsanwalt, ohne sich zu bereichern. Herrou hört danach aber nicht auf. Insgesamt soll er mit seinem umfunktionierten Eier-Lieferwagen 200 Flüchtlingen beim Überqueren der Grenze geholfen haben. Die meisten sind junge Afrikaner, die - da die Bahnhöfe von der Grenzpolizei kontrolliert werden - auf der italienischen Seite stranden. Auf seiner Farm, die nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt ist, bringt er sie unter. Im Oktober funktioniert er die aufgegebene Ferienanlage der Staatsbahn SNCF gemeinsam mit anderen Aktivisten zu einem Lager für etwa 50 Menschen aus Eritrea und dem Sudan um. Polizisten räumen das Camp nach drei Tagen. Die Migranten sind ihnen zufolge in miserablem gesundheitlichen Zustand, einer soll Malaria gehabt haben.

In Frankreich ist sein Fall zum Politikum geworden. Dutzende Medien berichten über seinen Prozess, Unterstützer fordern seinen Freispruch. In seiner Ortschaft Breil-sur-Roya gilt Herrou als Berühmtheit. Beim Prozessauftakt in Nizza versammeln sich etwa 300 Menschen vor dem Gerichtsgebäude. Viele halten "Ich bin Cédric"-Schilder in die Höhe, rufen seinen Namen. Herrou selbst stellt sich nach seiner Ankunft auf die Stufen des Justizpalastes, vor die Menschenmenge und die Dutzenden Journalisten. "Unsere Aufgabe ist es, den Menschen beim Überwinden der Gefahren zu helfen", sagte Herrou. "Und die Gefahr ist diese Grenze." Im Gerichtssaal erklärt der Angeklagte, ihm sei die Rechtswidrigkeit seiner Taten bewusst gewesen. Aber er wollte nicht wegschauen. Seine Hilfe für Menschen in Not sei ein "politischer Akt".

Der Staatsanwalt sieht das anders. Auch wenn er kein Geld verlange von den Flüchtlingen und damit kein Schlepper im klassischen Sinne sei, so habe er doch die Überquerung der Grenze erleichtert. Herrou präsentiere sich vor der Welt als eine Art Märtyrer und missbrauche den Prozess als Bühne. Das Urteil wird für den 10. Februar erwartet.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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