ManU-Fußballer und Obdachlose:Menschlichkeit in Manchester

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Über die Wintermonate wollen die Manchester Angels in dem alten Börsengebäude eine Anlaufstelle für Wohnungslose einrichten. (Foto: REUTERS)

Gary Neville und Ryan Giggs, zwei Ex-Manchester-United-Spieler, kaufen ein verfallenes Gebäude und wollen es zu einem Luxushotel ausbauen. Plötzlich wird das Haus von Obdachlosen besetzt. Was sagen die Immobilienbesitzer?

Manchester ist bekannt für Fußball (ManU, Manchester City) und Popmusik (The Smiths, Oasis), aber auch für eine besonders fiese Form des Kapitalismus, die im 19. Jahrhundert vorherrschte. Arbeiter, die bis zu 14 Stunden am Tag schufften, mit Hungerlöhnen abgespeist und ausgebeutet von Fabrikbesitzern, die unbehelligt von jeder Regulierung ihren obszönen Reichtum genießen.

Insofern passt die folgende Geschichte, über die der Guardian berichtet, ganz gut in die ehemalige Industriestadt im Nordwesten Englands: Ein riesiges, historisches Gebäude, etwas heruntergekommen und stark renovierungsbedürftig, aber in bester Innenstadt-Lage. Zwei ehemalige ManU-Fußballspieler, Gary Neville und Ryan Giggs, kaufen das Haus, in dem früher die Börse von Manchester ihren Sitz hatte. Ihre Geschäftsidee: Ein schickes Boutique-Hotel für betuchte Kunden, Luxus-Fitness-Center und Spa im Keller, eine Dachterassen-Bar mit Blick über die Stadt ganz oben.

Klingt nach einer Episode aus dem Lehrbuch der Gentrifizierung, aber jetzt wohnen erst einmal Obdachlose in dem Haus. Am Sonntag hat eine Gruppe von Wohnungslosen und linken Aktivisten, die sich "Manchester Angels" nennt, das Gebäude besetzt. Sie wollen auf die immer stärkere Wohnungsnot aufmerksam machen. Allein in Manchester, so schreibt der Guardian, seien die Obdachlosenzahlen in den vergangenen Jahren um 150 Prozent gestiegen.

Wie reagierten nun der Besitzer der edlen Immobilie?

Gary Neville meldete sich per Telefon bei Wesley Hall, dem Menschenrechts-Aktivist der den Protest der Obdachlosen anführt. "Aus meiner Perspektive sehe ich das ziemlich entspannt", sagte der Fußballer. Die Obdachlosen könnten gerne in dem Hotel wohnen bleiben - und zwar nicht nur ein paar Tage, sondern den ganzen Winter über. Einzige Bedingung: Hausmeister und andere Arbeiter müssten Zugang bekommen, wenn das nötig sei. Menschlichkeit in der Geburtstätte des Manchester-Kapitalismus.

Aktivist Hall, so heißt es in dem Artikel, sei fast in Tränen ausgebrochen, als der Anruf kam. "Sie können nicht ermessen, was Sie für uns getan haben" sagte er zu Neville. Man werde gut auf das Haus aufpassen und keinerlei Schaden anrichten. Hall regte an, dass Neville und Giggs die Obdachlosen später, wenn das Haus zum Hotel umgewandelt wird, für die Renovierungsarbeiten beschäftigen könnten.

Über die Wintermonate wollen die Manchester Angels in dem alten Börsengebäude aber jetzt erstmal eine Anlaufstelle für Wohnungslose einrichten. Dort können diese ein warmes Essen und frische Kleidung erhalten.

Dieser Umstand gibt dem Gebäude jetzt auch seinen neuen Namen. Früher war hier die Manchester Stock Exchange untergebracht, also die Börse. Weil jetzt statt Aktien unter anderem frische Strümpfe ausgegeben werden, heißt es jetzt: Sock Exchange.

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