New York:In neuem Licht

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Noch in Schwarz-Rot-Gold: Das New Yorker Empire State Building im vergangenen Jahr. (Foto: Jason Szenes/dpa)

Das Empire State Building in New York wird in diesem Jahr nicht wie üblich in den Farben Schwarz-Rot-Gold erstrahlen. Stattdessen wird das Hochhaus im Zeichen des Sports beleuchtet. Auf der Suche nach den Gründen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Wer Deutschland nur als Zuschauer der Steuben-Parade kennt, der muss die Gegend zwischen Rhein, Nordsee, Oder und Alpen für einen ziemlich absonderlichen Landstrich halten. Männer in Eisbärkostümen, Grenadiere mit goldenen Hüten, Schuhplattler, Gamsbartträger, Funkenmariechen - das ist das Bild, das sich einem New Yorker bietet, wenn einmal im Jahr deutsche und deutschlandfreundliche Tanz-, Sport-, Schützen- und Karnevalsvereine die Fifth Avenue hinaufziehen. An diesem Wochenende findet das Spektakel zum 58. Mal statt.

Auf ein beliebtes Symbol der deutsch-amerikanischen Freundschaft allerdings werden die Organisatoren diesmal verzichten müssen: Anders als in den Vorjahren wird das Empire State Building, jene Ikone amerikanischer Ingenieurskunst und Fortschrittsgläubigkeit, am Abend nicht in Schwarz-Rot-Gold erstrahlen. Stattdessen soll die Spitze des vielleicht bekanntesten Wolkenkratzers der Welt nach Angaben seiner Eigentümer in "blau-weiße Nadelstreifen sowie blaues und orangenes Licht" getaucht werden - die Vereinsfarben der Yankees und der Mets. Die New Yorker Traditionsteams treffen dieser Tage gleich mehrmals aufeinander.

Ein schnödes Baseball-Spiel also statt der Ehrung eines langjährigen Alliierten - und das obwohl das deutsche Generalkonsulat wie jedes Jahr brav einen Antrag auf Wiederaufführung des schwarz-rot-gelben Farbenspiels gestellt hatte. Was, bitte schön, ist da schiefgelaufen?

An mangelnder Verehrung der Amerikaner für Friedrich Wilhelm von Steuben kann es nicht liegen - der preußische General, der in den Siebzigerjahren des 18. Jahrhunderts auszog, um den Truppen George Washingtons Taktik, Disziplin und den Nahkampf mit dem Bajonett einzubläuen, genießt in den USA weit mehr Ansehen als in seiner früheren Heimat.

Offiziell hüllen sich die Beteiligten in Schweigen. "Wir äußern uns generell nicht zu unserem Beleuchtungsprozedere", sagt eine Sprecherin der Empire-State-Eigentümer, und auch beim Konsulat hält man sich bedeckt. Gemurmelt wird allerdings, dass die Deutschen die Größe des Ereignisses aus Sicht der Hochhausbesitzer nicht angemessen zu würdigen bereit waren. Von Ländern, Vereinen und Gruppen, die in den Genuss einer eigenen Lichtinstallation kommen wollen, wird erwartet, dass sie dies der Welt auf allen erdenklichen Wegen kundtun und sich mit dem Privileg brüsten. Steubens Landsleute sagten dem Vernehmen nach zwar zu, die Bilder des leuchtenden Empire State Buildings via Pressemitteilung, Facebook und Twitter zu verbreiten, das jedoch erschien den Lichtkünstlern als zu kläglich.

Auch am Tag der deutschen Einheit werden New Yorker mit Teutonen-Faible vergeblich Richtung Midtown spähen: Am 3. Oktober soll das Empire State Building in seiner "Standardfarbe Weiß" erstrahlen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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