Nach Urteil gegen Amanda Knox:Interview-Aussagen des Richters sollen untersucht werden

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Amanda Knox während eines TV-Interviews nach dem Urteil (Foto: dpa)

Alessandro Nencini hat das Urteil gegen Amanda Knox gesprochen - und den Prozess zwei Tage später in einem Interview kommentiert - unter anderem als "Sache unter Kids". Das könnte auch in einem möglichen Berufungsverfahren von Bedeutung sein.

Der Richter im jüngsten Mordprozess gegen Amanda Knox und ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito hat mit Aussagen nach dem Urteil in Italien für Empörung gesorgt. Sein umstrittenes Interview hat nun dazu geführt, dass Justizministerin Anna Maria Cancellieri eine Untersuchung gegen den Juristen Alessandro Nencini einleiten will.

Nencini hatte am Donnerstag Knox und Sollecito wegen Mordes an der Britin Meredith Kercher zu 28 Jahren und sechs Monaten beziehungsweise 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Am Samstag darauf veröffentlichte die Zeitung Corriere della Sera ein Gespräch mit dem Richter, das hohe Wellen schlug. Darin hatte Nencini unter anderem über die Urteilsverkündung und den Prozess gesprochen.

"Ich fühle mich befreit, weil der Moment der Entscheidung der schwierigste ist", sagte er. "Ich habe auch Kinder. Strafen gegen zwei junge Menschen zu verhängen, ist emotional sehr hart." Auch die große mediale Aufmerksamkeit und die unübersichtliche Beweislage hätten die Urteilsfindung erschwert. Sollecitos Entscheidung, nicht auszusagen, habe "den Prozess sicherlich einer Stimme beraubt". Der Mord an der Britin Meredith Kercher, für den die US-Amerikanerin Knox und Sollecito am Donnerstag verurteilt worden waren, sei "eine Sache unter Kids" gewesen.

Bedeutung für Berufungsprozess

Nencini wird nun vorgeworfen, Teile der ausstehenden schriftlichen Urteilsbegründung vorweggenommen und Sollecitos Strategie kommentiert und damit Parteilichkeit an den Tag gelegt zu haben. In einer Stellungnahme von Sollecitos Anwälten hieß es: "Es ist indiskutabel, dass der Richter öffentlich kommentiert hat, was während der Beratungen passiert ist." Die kommentierenden Äußerungen des Richters könnten nun eine Rolle in einem etwaigen Berufungsprozess spielen.

Nencini bedauerte die Entwicklungen zwar. "Es tut mir leid, wenn meine Worte an dieser Stelle zu Missverständnissen geführt haben", sagte er der Nachrichtenagentur Ansa. Zugleich betonte er jedoch, die Strategie der Anwälte nicht beurteilt zu haben. Er habe lediglich mögliche Missverständisse ausräumen wollen.

Knox und Sollecito waren bereits 2009 in einem Indizienprozess zu langen Haftstrafen verurteilt, in dem Berufungsverfahren aber freigesprochen worden. Im März 2013 kippte Italiens höchstes Gericht das Urteil. Das Berufungsgericht in Florenz fällte das neue Urteil nach zwölfstündigen Beratungen. Die schriftliche Begründung wird in einigen Wochen erwartet. Wichtig wird sein, warum die Strafe für Knox so hoch ausgefallen ist.

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