Mögliche Wrackteile von MH370:Norwegisches Schiff erreicht die Fundstelle

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John Young, der Noteinsatzbeauftragte der australischen Seenotrettung Amsa, berichtet über die Entdeckung auf den Satellitenbildern. (Foto: Getty Images)

+++ Satellitenbilder zeigen ein 24 Meter langes Objekt im Ozean südwestlich von Perth +++ Schlechtes Wetter erschwert die Suche +++ Norwegisches Schiff erreicht die Region, intensive Suche kann jedoch erst bei Tagesanbruch begionnen +++

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Australien spricht von entdeckten Trümmerteilen etwa 2300 Kilometer südwestlich von Perth
  • Schlechtes Wetter behindert Aufklärungsflugzeuge - auch Schiffe werden an die Fundstelle geschickt
  • Könnte Tage dauern, bis mögliche Wrackteile geborgen werden können.
  • Malaysias Regierung informiert die Angehörigen über die neuesten Entwicklungen

Hinweise auf Wrackteile: Die australischen Behörden haben möglicherweise Spuren der vermissten Boeing der Malaysia Airlines gefunden. Premierminister Tony Abbott spricht von "glaubwürdigen" Informationen, nach denen mittels Satellitentechnik zwei Objekte ausgemacht worden seien, die zu der Flugnummer MH370 gehören könnten. Die bis zu 24 Meter großen Teile befänden sich in einem Gebiet etwa 2300 Kilometer südwestlich von Perth. Das Meer ist dort mehrere Tausend Meter tief. Die folgende Karte zeigt die ungefähre Lage der Fundstelle.

Die Position der mutmaßlichen Wrackteile liegt fernab der ursprünglichen Flugroute. Klicken Sie in das Bild, um die komplette Grafik zu sehen. (Foto: SZ-Grafik: Michael Mainka)

Satellitenaufnahmen sind bereits vier Tage alt: Das australische Verteidigungsministerium hat die Aufnahmen inzwischen veröffentlicht. Sie sind bereits vor vier Tagen entstanden. John Young, der Noteinsatzbeauftragte der australischen Seenotrettung Amsa, betonte, dass sich die Behörden Zeit genommen hätten, um die Aufnahmen genau zu prüfen. Dabei seien auch Experten für nachrichtendienstliche Raumaufklärung zu Rate gezogen worden, so Young.

Ein Satellitenbild zeigt das 24 Meter lange Teil, das möglicherweise von der verschwundenen Boeing 777 stammt (Foto: dpa)

Aufklärungsflugzeuge im Einsatz: Um die Objekte aufzuspüren, hat die australische Seenotrettung Amsa umgehend Aufklärungsflugzeuge in die Region im südlichen Indischen Ozean geschickt. Bisher konnte jedoch nichts gefunden werden. Die Piloten meldeten schlechte Sicht. Weil das Gebiet so weit von Land entfernt ist, haben die Flugzeuge den Angaben zufolge jeweils nur etwa zwei Stunden Zeit zur Suche. Dann müssten sie umkehren, um mit dem verbliebenen Kerosin an Bord den Landeplatz bei Perth erreichen zu können. Die US-Marine beteilige sich mit einer Boeing P-8A Poseidon, einem der modernsten Aufklärungs- und U-Boot-Jagdflugzeuge - ebenfalls bisher erfolglos.

Norwegisches Schiff erreicht den Fundort: Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP hat der norwegische Frachter St. Petersburg die angebliche Fundstelle erreicht. Die Besatzung will sich an der Suche beteiligen, kann jedoch derzeit nur wenig ausrichten. "Das Schiff bewegt sich momentan langsam, weil es dort mitten in der Nacht ist", sagte ein Sprecher der Reederei. Die intensive Suche beginne bei Tagesanbruch. Auch das australische Marineschiff HMAS Success ist auf dem Weg an die Fundstelle. Es ist nach Angeben von Noteinsatzleiter Young gut ausgerüstet, um Objekte zu bergen, braucht aber einige Tage.

Schwierige Suche auf dem offenen Meer: Selbst wenn sich bestätigen sollte, dass die südwestlich von Perth gefundenen Teile tatsächlich zu MH370 gehören, ist die Bergung von Wrackteilen oder Leichen, die auf dem Wasser treiben, extrem schwierig. Das gilt unabhängig davon, ob Flugzeuge oder Schiffe eingesetzt werden. "Selbst bei optimalen Wetterbedingungen, also ruhiger See und guter Fernsicht, lassen sich maximal fünf bis zehn Kilometer rechts und links der Brücke überblicken", sagt Marco Sieg, Fregattenkapitän im Flottenkomando der Deutschen Marine im schleswig-holsteinischen Glücksburg. Meist sei die Suchbreite deutlich geringer. Auch Hubschrauber oder tieffliegende Flugzeuge, die mit Wärmebildkameras ausgerüstet sind, schafften oft nur einen etwa 1000 Meter breiten Streifen. Erschwerend kommen die wechselnden Strömungen hinzu, die in diesem Gebiet herrschen und eventuelle Wrackteile schnell weitertreiben können. "Wenn sich die Beobachtung als richtig erweist, dann grenzt das die Suche ein. Es ist jetzt eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen, und nicht mehr die Suche in einem Feld von Heuhaufen", sagte Simon Boxall, der als Meeresstromexperte an der Universität Southampton forscht, dem britischen Guardian.

Wie kommt MH370 dorthin? Das ist nach wie vor unklar. Ob es sich um Sabotage, Entführung, Terrorismus, den Suizid eines Piloten oder um einen Notfall handelt, der die Besatzung und die Passagiere möglicherweise bewusstlos gemacht hat, so dass die Maschine als Geisterflugzeug weiterflog - die Ermittler wissen es nicht. Klar ist bisher nur: Die radikale Kursänderung der Boeing 777 wurde absichtlich eingeleitet. Immer mehr Staaten liefern Informationen an die malaysischen Behörden, die dabei helfen sollen, die Route von MH370 zu rekonstruieren. In den vergangenen Tagen war stets die Rede von zwei Korridoren, einem nördlichen und einem südlichen, in dem das vermisste Flugzeug unterwegs gewesen sein könnte. Weil keines der Länder auf dem nordlichen Bogen, der militärisch stark überwacht wird, Radarsichtungen eines Flugzeugs meldete, konzentrierte sich die Suche auf den südlichen Bogen, der über den Indischen Ozean führt.

Spurensuche bei den Piloten - Ermittler wenden sich an das FBI: Nach wie vor wird im Umfeld der beiden Piloten von MH370 gesucht. Um gelöschte Daten vom Flugsimulator des Piloten wiederherzustellen, wenden sich die malaysischen Ermittler an die US-amerikanische Bundespolizei FBI, berichtet die New York Times. Seit dem vergangenen Wochenende untersuchen die Behörden den Flugsimulator, den sie im Privathaus des Flugkapitäns Zaharie Ahmad Shah gefunden haben. Von dem Gerät sollen am 3. Februar Daten gelöscht worden sein. Ob es sich dabei um relevantes Material handelte, ist vollkommen unklar. Auch im Haus von Co-Pilot Fariq Abdul Hamid wurde ein Flugsimulator gefunden. Bei der Überprüfung der Passagiere konnten dagegen keine Besonderheiten festgestellt werden, die mit dem Verschwinden der Maschine in Zusammenhang stehen könnten.

Angehörige werden informiert: Nach Angaben des US-Senders CNN hat die Fluggesellschaft Malaysian Airlines inzwischen die Angehörigen über den Fund vor der australischen Küste informiert. Auch der malaysische Verkehrsminister Hishammuddin Hussein hat die Öffentlichkeit auf einer Pressekonferenz über die neuesten Entwicklungen unterrichtet. Er betonte, dass die Berichte zwar sehr glaubwürdig seien, man aber trotzdem noch nicht sicher sei, dass die auf die Satellitenbildern entdeckten Teile tatsächlich von MH370 stammen. Am Dienstag war es während der Pressekonferenz in Kuala Lumpur zu Tumulten gekommen, weil Angehörige der Passagiere sich schlecht informiert fühlten. In Peking, wo sich die Familien und Freunde der zahlreichen chinesischen Passagiere in einem Hotel versammelt haben, bereiten sich die Behörden darauf vor, möglicherweise eine schlimme Nachricht überbringen zu müssen.

Linktipps:

Die Entwicklungen im Newsblog vom Dienstag.

Warum uns das Verschwinden der Malaysia-Airlines-Maschine so bewegt. Ein Kommentar von SZ-Redakteur Jan Heidtmann.

Zehn Szenarien, null Gewissheit. Spekulationen über das Verschwinden des Flugzeugs und wie sie zu bewerten sind. Ein Überblick der SZ.de-Mitarbeiter Lena Jakat und Oliver Klasen.

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:Zehn Szenarien, null Gewissheit

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