Medizinischer Dienst:20 Ärzte für 5400 Lufthansa-Piloten

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  • Im Gegensatz zu anderen Airlines leistet sich die Lufthansa einen medizinischen Dienst.
  • Nach dem Germanwings-Absturz muss sich der Konzern dennoch gegen scharfe Kritik wehren: 20 Ärzte sollen sich um 5400 Lufthansa-Piloten kümmern.

Von Jens Flottau

Mit seinem Internetauftritt will der medizinische Dienst der Lufthansa auch ein bisschen Werbung machen. "Ihre Freude am Fliegen liegt uns am Herzen", schreibt die Abteilung und erklärt, welche Dienstleistungen sie anbietet. Alle gängigen flugmedizinischen Untersuchungen nämlich, Beratung und Gutachten, unter anderem auch psychiatrische Gutachten.

Der Dienst wird normalerweise in der Öffentlichkeit nicht beachtet, doch das ist nach dem vermutlich vom Copiloten Andreas Lubitz absichtlich verursachten Absturz des Germanwings-Fluges 4U 9525, bei dem neben ihm 149 weitere Menschen ums Leben kamen, natürlich anders. Die Welt am Sonntag kritisiert, der Dienst sei offenbar personell unterbesetzt, daher könne zwischen Ärzten und den 5400 Piloten kein persönliches Verhältnis wachsen. Das Unternehmen weist die Kritik zurück, nur zwei Stellen seien eine Weile nicht nachbesetzt worden.

Etwa 20 Ärzte beschäftigt Lufthansa an drei Standorten (Hamburg, Frankfurt, München) - sie müsste dies aber gar nicht. Denn die regelmäßig anstehenden flugmedizinischen Untersuchungen kann jeder Arzt mit einer besonderen Zusatzausbildung anbieten. Lufthansa-Piloten sind auch nicht verpflichtet, ihr "Medical" bei einem vom Unternehmen beschäftigten Arzt zu absolvieren. Und der Arzt muss gravierende gesundheitliche Probleme nicht der Lufthansa, sondern dem Luftfahrtbundesamt melden.

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Die Lufthansa leistet sich den Dienst im Gegensatz zu vielen anderen Airlines trotzdem. Denn medizinisches Know-how ist in vielen operationellen Fragen wichtig, etwa, wenn es um die Beschränkung der Flugdienstzeiten geht. Wie viele Stunden Piloten pro Monat fliegen dürfen und wie viel Pause sie vor allem nach und während nächtlichen Langstreckenflügen brauchen, ist ein wichtiger Kostenfaktor, aber auch sicherheitsrelevant. Die Piloten und Flugbegleiter müssen auch regelmäßig in Länder reisen, für die sie spezielle Impfungen benötigen.

Neben dem medizinischen Dienst gibt es im Unternehmen aber auch Beratungsstellen für Mitarbeiter mit persönlichen Problemen - psychische Belastungssituationen gehören dazu, genau wie Alkoholsucht. Wer sich an die Stellen wendet, dem wird Anonymität und Verschwiegenheit zugesichert. Sonst würde sich wohl keiner seinem Arbeitgeber gegenüber offenbaren.

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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