Lünen:Schulen sind keine Orte eskalierender Gewalt

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Zwei Kinder stehen vor der Schule, in der am Dienstag ein 15-Jähriger einen 14-Jährigen getötet hat. (Foto: Lukas Schulze/Getty Images)

Nach der Bluttat von Lünen muss der Umgang mit besonders schwierigen Schülern überdacht werden. Trotzdem sollte im Blick bleiben, dass man sich auf einem guten Weg befindet: Die Gewalt an Schulen geht seit Jahren zurück.

Kommentar von Paul Munzinger

Dass ein junges Leben gewaltsam beendet wird, macht fassungslos. Vielleicht ist es da nur menschlich, einem Verbrechen, dem man keinen Sinn geben kann, zumindest eine Botschaft entnehmen zu wollen. Nach dem tödlichen Angriff auf einen 14-jährigen Schüler in Lünen fordert Heinz-Peter Meidinger, Chef des Deutschen Lehrerverbands, ein Umdenken in der Gesellschaft. Sonst werde man das Problem nicht in den Griff bekommen.

Die Frage lautet: Welches Problem genau? An deutschen Schulen werden immer weniger Gewalttaten verübt; Tötungsdelikte durch Jugendliche sind insgesamt deutlich zurückgegangen. Die Zahl der Schüler, die in der Schule so schwer verletzt werden, dass sie ins Krankenhaus müssen, ist in den letzten 20 Jahren um fast zwei Drittel gesunken. Ein tödlicher Angriff an einer Schule, wie nun geschehen, ist eine schreckliche Ausnahme. Das gilt es festzuhalten, auch wenn das weder den Angehörigen des Opfers noch Schülern und Lehrern in Lünen hilft.

Diese Entwicklung hat auch damit zu tun, dass an Schulen Gewalt viel offensiver thematisiert wird als früher. Statt eines Umdenkens ist also ein Weiterdenken angebracht. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten kümmern sich viele Schulen bereits intensiv um Jugendliche, die wie der 15-jährige mutmaßliche Täter als schwierig, aggressiv, als "unbeschulbar" gelten.

Doch der Rahmen des Möglichen ist meist sehr eng, es fehlen Lehrer und es fehlt Zeit, um sich den Bedürfnissen aller Schüler in der gebotenen Ausführlichkeit zu widmen. Ohne die Hilfe gerade auch der Eltern werden die Schule diese Aufgabe nicht meistern können, sie ist schwer genug: Es gilt, gerade den als schwierig geltenden Schülern klare Grenzen und zugleich Perspektiven aufzeigen, solange wie möglich.

Was die Tat von Lünen zusätzlich tragisch macht: Die Schule hat, so scheint es, genau das getan. Der 15-Jährige stach zu, als er mit seiner Mutter auf einen Termin bei der Schulsozialarbeiterin wartete.

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