Loveparade-Katastrophe in Duisburg:16 Personen im Visier

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21 Tote bei der Loveparade im Juli - und keine Schuldigen? Ein halbes Jahr später reagiert die Staatsanwaltschaft. Mit Ermittlungserfahren gegen Mitarbeiter der Stadt, des Veranstalters und der Polizei.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat gegen 16 Personen Ermittlungsverfahren wegen des Loveparade-Unglücks eingeleitet. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter und Beamte der Stadt Duisburg, des Veranstalters Lopavent und der Polizei, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte.

Bei der Massenpanik auf der Loveparade starben 21 Menschen. (Foto: dapd)

Gegen sie bestehe der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung. Namen wurden nicht genannt. Bislang hatten sich die Ermittlungen "gegen unbekannt" gerichtet.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft schloss Ermittlungsverfahren gegen weitere Beschuldigte nicht aus. Gegen den Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wird nach Informationen aus Justizkreisen allerdings nicht ermittelt. Auch gegen den Chef der Veranstalterfirma Lopavent, Rainer Schaller, gebe es keine Ermittlungen.

"Die Feststellung eines Anfangsverdachts bedeutet nicht zwingend, dass sich die Beschuldigten auch vor Gericht werden verantworten müssen", hieß es. Erst die weiteren Ermittlungen würden zeigen, ob im Einzelfall jeweils Anklage erhoben oder das Verfahren eingestellt werde. Zum Zeitraum bis zu einer möglichen Anklageerhebung wollte sich die Staatsanwaltschaft bislang nicht äußern.

Bislang wurden bei den Ermittlungen mehr als 2100 Menschen vernommen: Etwa 1300 Loveparade-Besucher, fast 250 Polizisten, etwa 350 Feuerwehrleute und Rettungskräfte, mehr als 200 Mitarbeiter des Veranstalters und von Sicherheitsdiensten sowie 39 Beschäftigte der Stadt Duisburg. Zudem seien eine Vielzahl von Fotos, Hunderte Stunden Videoaufzeichnungen und mehrere Terabyte elektronischer Daten ausgewertet worden. Insgesamt waren ständig knapp 90 Beamtinnen und Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem Fall beschäftigt.

Bei dem Unglück am 24. Juli 2010 waren 21 Menschen getötet und mehr als 500 verletzt worden. Danach waren schwere Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung, Veranstalter und Polizei erhoben worden. Die Beteiligten bestritten eine Verantwortung und machten die jeweils anderen Seiten für den Vorfall verantwortlich. Oberbürgermeister Sauerland weigerte sich, von seinem Amt zurückzutreten. Zudem überstand er einen Antrag zu seiner Abwahl im Stadtrat, da die erforderliche Mehrheit nicht zustande kam.

Die Stadt Duisburg nannte es einen "normalen und erwarteten Schritt", dass auch gegen Mitarbeiter der Stadt ermittelt werde. Dies diene auch dem Schutz der Betroffenen. Erst die weiteren Ermittlungen würden erweisen, ob sich die Anhaltspunkte bestätigen. Sauerland erklärte, er stehe "voll und ganz" hinter seinen Mitarbeitern und sei überzeugt, "dass wir alle nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt und keine Amtspflichten verletzt haben".

Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, die Verantwortlichen für die Katastrophe müssten ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. "Aber Bestrafung allein greift zu kurz. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass wir die richtigen Konsequenzen für zukünftige Großveranstaltungen aus der Loveparade ziehen", erklärte die SPD-Politiker. So dürften Städte in Zukunft bei den Genehmigungen für Veranstaltungen keine Abstriche bei den Sicherheitskonzepten zulassen und die Veranstalter müssten sich an die erteilten Auflagen auch halten.

© dpa/AFP/mcs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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