Karl Dall vor Gericht:"Es ist nie zu sexuellen Handlungen gekommen"

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  • Karl Dall widerspricht vor Gericht der Darstellung einer Schweizer Journalistin, die behauptet, sie sei im September 2013 von dem Entertainer in einem Züricher Hotel vergewaltigt worden.
  • Das mutmaßliche Opfer bleibt aber bei seiner Darstellung, der zufolge Dall sie zum Sex gezwungen hat.
  • Vor Gericht geht es zum Teil um sehr intime Details. E-Mails, die sich Dall und die 43-jährige Frau geschrieben haben, werden im Prozess verlesen.
  • Aus den Vernehmungen ergibt sich, dass die Frau bereits mehrmals wegen Stalkings von Prominenten angezeigt wurde.

Dall weist Vergewaltigungsvorwürfe zurück

Entertainer Karl Dall hat zum Auftakt des Vergewaltigungs-Prozesses gegen ihn seine Unschuld beteuert. "Es ist nie zu sexuellen Handlungen gekommen", sagte der 73-Jährige am Dienstag. Allerdings sei die Schweizer Journalistin, die die Vorwürfe gegen ihn erhoben hat, in einer Züricher Hotelsuite zudringlich geworden und habe versucht, ihn zu küssen.

Eine Vergewaltigung habe nicht stattgefunden. "Nichts davon ist wahr", sagte Dall in der Verhandlung. Zwar gab der Entertainer auf Nachfragen des Richters zu, dass "man ein wenig neugierig aufeinander" gewesen sei. Geschlechtsverkehr sei für ihn allerdings kein Thema gewesen. Im Gegenteil: Die penetrante Zudringlichkeit der Frau habe er als unangenehm empfunden. Solche Avancen sei er nicht gewohnt. "Ich bin doch nicht George Clooney", so der 73-Jährige. Er habe sogar versucht, die Frau loszuwerden und angeboten, ihr ein Taxi nach Hause zu bezahlen.

Dall hat seit Bekanntwerden der Vorwürfe nach eigenen Angaben keine neuen Aufträge mehr erhalten. "Die Drehbücher ruhen, solange dieser fürchterliche Verdacht besteht."

Die Nacht, um die es vor Gericht geht

Die Tat soll sich in der Nacht zum 6. September 2013 abgespielt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft Dall vor, die Schweizer Journalistin, die der Entertainer durch ein Interview kennengelernt hatte, zum Sex gezwungen zu haben. Außerdem, so heißt es in der Anklage, soll Dall die Frau später per E-Mail bedroht haben.

In der Verhandlung kommen zum Teil sehr intime Details zur Sprache. Dall behauptet zum Beispiel, dass die Frau ihm im Hotelzimmer ihre Brüste gezeigt haben soll. Auch E-Mails, die sich Dall und die Frau vor und nach dem angeblichen Vorfall geschrieben haben, werden in der Verhandlung verlesen. Außerdem geht es um Tonaufnahmen, die die Frau während der Begegnung mit Dall gemacht hat. Demnach soll Dall auch über seine Erektionsfähigkeit und sein Liebesleben gesprochen haben.

Mutmaßliches Opfer bleibt bei seiner Darstellung

Die Frau blieb vor Gericht bei ihrer Darstellung. Ihre Aussagen bei der Polizei seien korrekt, sagte sie auf Frage des Richters. "Es war die schlimmste Nacht meines Lebens", sagte die Journalistin, die nach eigenen Angaben seitdem mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat.

In der Verhandlung berichtet sie, wie sich der Mailverkehr mit Dall im Vorfeld des betreffenden Abends entwickelte. Zuerst sei es nur um ein Interview gegangen, allerdings seien die Nachrichten nach und nach immer persönlicher und intimer geworden. Als Dall wegen eines Fernsehinterviews in Zürich war, sei es dann in dem Hotel zu einem persönlichen Treffen gekommen. Dall habe vorgeschlagen, die Sendung auf seinem Zimmer gemeinsam anzuschauen. Schon dabei habe er sexuelle Anspielungen gemacht. Später sei sie dann eingeschlafen und aufgewacht, als Dall gerade dabei war, sie zu vergewaltigen.

Vor Gericht wurde die Frau sehr lange zu ihrer Vergangenheit befragt. Dabei stellte sich unter anderem heraus, dass sie mehrmals wegen Stalkings von Schweizer Politikern aufgefallen und vorbestraft ist. "Udo Jürgens war mein erster Freund", sagte die Frau vor Gericht. Der österreichische Sänger hatte das allerdings stets anders dargestellt. Jürgens bestätigte zwar, die Frau zu kennen, es habe jedoch vor mehr als zwanzig Jahren nur einen kurzen sexuellen Kontakt gegeben

Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin

In seinem Plädoyer äußert selbst der Staatsanwalt Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Niemand könne sagen, was genau sich in der Nacht im Hotelzimmer zugetragen habe. Die Schilderungen von Dall und der Klägerin gingen völlig auseinander. Gegen die Darstellung der Frau spreche, dass sie erst sehr spät Anzeige erstattet und außerdem bereits häufig eine "zwanghafte Nähe" zu prominenten Persönlichkeiten gesucht habe.

Das ändere allerdings nichts an der Substanz der Vergewaltigungsvorwürfe. Ein Indiz für deren Stichhaltigkeit seien auch die Droh-Mails, die Dall nach der betreffenden Nacht geschrieben habe. Deshalb sei Dall zu einer bedingten, das heißt auf Bewährung auszusetzenden, Haftstrafe von zwei Jahren zu verurteilen.

Ähnlich argumentiert der Anwalt der Frau: Anhand der Tonaufnahmen lasse sich klar feststellen, dass es in dem Hotelzimmer im Gegensatz zu Dalls Behauptungen zum Sex gekommen sei.

Karl Dalls Anwalt fordert dagegen einen Freispruch und eine angemessene Entschädigung für die Untersuchungshaft. Das vermeintliche Opfer habe in der Vergangenheit bereits mehrfach Lügengeschichten verbreitet.

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