25 Jahre fünfstellige Postleitzahlen:Wie "Rolf" die Deutschen an die neuen Postleitzahlen gewöhnte

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Gelbe Fröhlichkeit, hier in Hannover 1993: Die lustige Hand Rolf kam gut an bei den Menschen. Sagt jedenfalls die Post. (Foto: Wolfgang Weihs/dpa)

Eine lachende Hand bewarb vor 25 Jahren die Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen. Ein simpler, aber doch immer wieder gelungener Trick: Wenn es schwierig wird, helfen Maskottchen.

Von SZ-Autoren

Eine unangenehme Nachricht erträgt man leichter, wenn sie als lachende Hand daherkommt. Oder als grinsender Dino, oder ganz in rot mit Knubbelnase. Maskottchen helfen, den Menschen unbequeme Wahrheiten zu verkaufen, und dass die Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen - fünf Ziffern! Weltuntergang! - eine ebensolche war, daran bestand kein Zweifel, als die lustige Hand namens Rolf vor 25 Jahren erstmals in Deutschland auftrat. Aber Rolf hat alles gegeben, und das hat geholfen. Beispiele ähnlicher Art gab und gibt es unzählige - die SZ stellt ein paar von ihnen vor.

Rolf

Nach zehn Jahren fünfstellige Postleitzahlen erinnerte die Post mit einer Sonderbriefmarke an das Maskottchen Rolf. (Foto: imago/Schöning)

Wer oder was ist das? Anatomischer Irrsinn: eine gelbe Hand mit Zeigefingergesicht und Turnschuhen.

Was ist seine Mission? Vor 25 Jahren sollte Rolf im Auftrag der Post mit Schüttelreimen wie "Fünf ist Trümpf" den Menschen Freude an den neuen, fünfstelligen Postleitzahlen vermitteln: daran, längere Zahlen auswendig zu lernen. Nach der Wiedervereinigung mussten auch die zuvor vierstelligen Postleitzahlen integriert werden, mehr als 800 Nummern waren doppelt vergeben. Im Juli 1993 startete die Werbekampagne mit der gelben Hand mit fünf Fingern, entworfen von Ully Arndt, der schon die Ottifanten gestaltet hatte.

Was hat's gebracht? Die Deutschen hatten ihre neuen Postleitzahlen schnell drauf, Rolf wurde 1994 in den Ruhestand geschickt. Die Macher behaupten, Rolf hätte 20 000 Fanbriefe bekommen (all jene, die mit vierstelligen Postleitzahlen adressiert waren, wahrscheinlich nicht mitgerechnet). Vielleicht hat die gelbgesichtige Hand die Bereitschaft zur Verinnerlichung langer Nummern sogar so sehr erhöht, dass nun IBAN-Irrsinn herrscht. Laura Hertreiter

Dino Hermann

(Foto: Achim Scheidemann/dpa)

Wer oder was ist das? Gefährlichstes Vieh im Fußball. Erinnert mit seinem Namen an den verstorbenen und in Hamburg sehr berühmten HSV-Masseur Hermann Rieger. Wohnt im Stadion des Bundesligisten Hamburger SV, isst laut Steckbrief am liebsten Pizza und wiegt meistens zu viel. Ein echtes Vorbild für eine Fußballmannschaft.

Was ist seine Mission? Der hosenlose Dino verdrängte beim HSV einst die hemdlose Hummel als Maskottchen. Er soll die Urtümlichkeit des Vereins verkörpern: Alle anderen Klubs, die 1963 in die erste Spielzeit der Bundesliga starteten, sind mindestens einmal abgestiegen. Nur der HSV ist bis heute dabei. Im Stadion macht der Dino das gleiche wie alle anderen Riesen-Plüschtiere der Sportwelt: Selbst bei größten Niederlagen leicht debil grinsen, Späßchen machen. Und bei Kindergeburtstagen auftreten, für 130 Euro pro halbe Stunde, zuzüglich Kilometergeld.

Was hat's gebracht? Obwohl der HSV seit Jahren eine Gurkentruppe stellt, bleibt er am Ende irgendwie doch immer in der Liga. Das muss am Dino liegen. Es gibt keine andere logische Erklärung. Thomas Hummel

Mainzelmännchen

(Foto: SZ)

Wer oder was ist das? Die einzigen institutionalisierten Mützenträger neben Helmut Schmidt und den Schlümpfen. Geboren 1963 in Köln. Weisen trotz ihrer Herkunft keinerlei regionaltypische Merkmale wie trockenen Humor oder Trinkfestigkeit auf. Tragen alphabetisch sortierte Namen: Anton, Berti, Conni, Det, Edi, Fritzchen.

Was ist ihre Mission? Sich im ZDF mit einem "Gud'n Aaaamd!" zwischen den Zuschauer und seine Lieblingssendung schieben. Offizielle Berufsbezeichnung: Werbetrenner. Botschaft: Lieber Zuschauer, bitte dranbleiben, es folgt ein Werbeblock.

Was hat's gebracht? Ein Großteil der Gebührenzahler kennt die Kerlchen noch aus einer Epoche, in der es nur drei TV-Kanäle gab und man zum Umschalten aufstehen musste. Wer dagegen von Privatsendern sozialisiert wurde, sieht in Anton & Co. lediglich ein Signal zum Chips holen, und wer im ZDF nur die "heute-Show" kennt, ist der Meinung, Mainzelmännchen seien Karikaturen von Kommunisten oder Polizeibeamten. Für alle gilt: Nach dem faden Drei-Sekunden-Sketch der Mützenmännchen freut sich jeder auf die Werbung. Violetta Simon

Tröpfli

(Foto: SZ)

Wer oder was ist das? Ein ganz armer Tropf. Seiner Gesichtsfarbe nach zu urteilen leidet er an extremem Bluthochdruck.

Was ist seine Mission? Tröpfli soll die Deutschen an die Nadel bringen. Mal wird er mit strenger Miene im Arztkittel dargestellt, was die Nadelphobie bisheriger Blutspendemuffel eher verstärken dürfte. Meistens aber trägt er ein Grinsegesicht mit der Botschaft: Ist doch nur ein kleiner Pieks. Tröpfli gibt es als Gummifigur, als Schlüsselanhänger, als Powerbank fürs Handy (Achtung, Botschaft!) - und lebensgroß in Plüsch. Das leibhaftige Tröpfli tourt mit dem Blutspendenbus vom Roten Kreuz durch die Lande, es wurde schon in Fußgängerzonen, Möbelhäusern und Autowaschanlagen beim Anwerben von Aderlasswilligen gesichtet. Blutigen Anfängern hält Tröpfli auch gerne die zitternde Hand, während die Nadel sich der Vene nähert.

Was hat's gebracht? 33 Prozent der Deutschen könnten Blut spenden, nur drei Prozent tun's. Könnte besser laufen. Für Menschen mit Tröpfli-Gesichtsfarbe vielleicht interessant zu wissen: Ein regelmäßiger Aderlass senkt den Blutdruck. Nadeschda Scharfenberg

Max Maulwurf

(Foto: SZ)

Wer oder was ist das? Vorname Max, Nachname Maulwurf, Beruf: Baumeister und Gute-Laune-Verbreiter bei der Deutschen Bahn.

Was ist seine Mission? Wenn irgendwo mal wieder neue Weichen verlegt werden müssen oder böser Betonkrebs die Schwellen auf einer ICE-Schnellfahrstrecke in Mitleidenschaft zieht, ruft das Max auf den Plan. Er darf dann genervten Bahnfahrern erklären, dass sich die Reise wegen Schienenersatzverkehrs leider um 45 bis 75 Minuten verspäten kann.

Was hat's gebracht? Zugegeben, der meist mit orangefarbener Warnweste bekleidete Maulwurf hat einen schweren Stand. Seinetwegen werden Fahrgäste, die mit dem Zug fahren wollten, in Busse gesteckt und lernen Orte wie Böhl-Iggelheim oder Baar-Ebenhausen kennen, die sie niemals kennenlernen wollten. Allein das Wort Schienenersatzverkehr ist geeignet, den Blutdruck mancher Pendler in besorgniserregende Höhen zu treiben. Maulwurf Max jongliert mit Hammer, Kelle und Besen und bezwingt sogar einen Bagger, der aussieht wie ein gefräßiger Dino. Trotzdem wird ihm wird wohl nie so viel Liebe zuteil werden wie seinem Kollegen aus der "Sendung mit der Maus". Oliver Klasen

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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