Havariertes Kreuzfahrtschiff:Schettinos Anwälte wollen Gutachter auf die "Costa" schicken

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Francesco Schettino steht am 17. Juli mit einem Polizeibeamten im Gerichtssaal in Grosseto. (Foto: REUTERS)

Wie groß ist die Schuld des Kapitäns an der Havarie der "Costa Concordia"? Der Prozess gegen Francesco Schettino ist nach der Sommerpause fortgesetzt worden. Seine Verteidiger fordern, dass Gutachter das wieder aufgerichtete Schiff untersuchen dürfen.

Der Prozess gegen den Kapitän der "Costa Concordia" ist nach der Sommerpause fortgesetzt worden. Francesco Schettino betrat am Montagmorgen mit seinen Anwälten ohne Kommentar das Gericht im italienischen Grosseto. Der 52-Jährige sitzt als Einziger wegen der Havarie auf der Anklagebank, weitere Angeklagte hatten sich mit der Staatsanwaltschaft ohne Prozess auf ein Strafmaß geeinigt.

Die "Costa Concordia" war im Januar 2012 vor der Insel Giglio auf einen Felsen gelaufen und zur Seite gekippt. 32 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Nach zwei bis heute vermissten Opfern soll von diesem Montag an wieder gesucht werden. Schettino wird vorgeworfen, die Havarie verursacht zu haben, indem er zu nah an der Insel vorbeifuhr. Der Süditaliener muss sich unter anderem wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung sowie dem Verlassen des Schiffs verantworten.

Verteidiger wollen Gutachter auf das Wrack schicken

Das Schiff war am vergangenen Montag in einer komplizierten Bergungsaktion wieder aufgerichtet worden. Der gelungene Einsatz bringt nun auch Bewegung in den Prozess gegen Schettino. Seine Anwälte und zivile Nebenkläger hatten schon vor der Sommerpause beantragt, eigene Gutachter auf das Wrack zu schicken - was nach dem Aufrichten auch möglich wäre, wie die Anwälte betonten.

"Wir werden die Wahrheit nur nach einer neuen Inspektion aller Apparate herausfinden", sagte einer der Verteidiger vor dem Gerichtsgebäude. Unter anderem sollen die Notfallgeneratoren, die eigentlich wasserdichten Nottüren und die Vorrichtungen zum Herunterlassen der Rettungsboote überprüft werden.

Die Verteidigung hofft, auf dem Schiff Beweise dafür zu finden, dass Schettino nicht der Alleinschuldige für das Unglück ist. Wann das Gericht über den Antrag entscheidet, ist noch unklar.

Kapitän beschuldigt Steuermann

Schettino machte während der Verhandlung erneut seinen indonesischen Steuermann für das Unglück verantwortlich. "Ich wollte das Schiff abbremsen. Aber der Steuermann hat meine Befehle nicht korrekt befolgt", sagte der Kapitän. "Er steuerte in die falsche Richtung und wir liefen auf Grund." Er hatte zuvor schon mehrmals angegeben, dass der Steuermann wegen Sprachproblemen die englisch gegebenen Befehle nicht richtig verstanden habe.

Im Prozess gegen den Kapitän, dem vergangene Woche sein Schiffsführerschein entzogen worden war, sollen mehr als 400 Zeugen gehört werden. Bis zu einem Urteil könnte es Monate dauern. Schettino nimmt persönlich an allen Prozesstagen teil.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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