Haustiere:Der Skorpion, den ich liebte

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Exotische Gäste: Immer mehr Tierheime in Deutschland müssen Vogelspinnen, Skorpione und Geckos beherbergen. (Foto: unknown; Felix Reimann via Wikimedia Commons)
  • Vogelspinnen, Skorpione, Nasenbären: Die deutschen Tierheime müssen sich immer häufiger auf anspruchsvolle Kundschaft einstellen.
  • Der Grund ist nicht zwangsläufig die Bösartigkeit des Halters. Viele wissen einfach nicht mehr wohin mit ihren exotischen Tieren und setzen sie aus.
  • Tierheime, Tierschützer und selbst Tierhändler schlagen deshalb beim Bundeslandwirtschaftsminister Alarm.

Von Jan Heidtmann

Die Tüte, die vor gut einer Woche beim Hamburger Tierschutzverein ankam, war eigentlich Anlass zur Freude. Ein kleiner Sack voller Futter, Insekten und Grillen, eine Spende, wie sie immer wieder vorkommt. Doch bei genauerem Hinsehen wurde die Gabe zum Problem: Inmitten der Fressalien saß ein Chamäleon. "Das war ganz dreist versteckt", sagt Bernadette Patzak vom Tierschutzverein. Und vor allem war es in schlechtem Zustand, ausgemergelt und die Farben ganz blass.

Der Grund für die falsche Spende war nicht zwangsläufig die Bösartigkeit des Halters. Viele wissen einfach nicht mehr wohin mit ihren exotischen Tieren. Vielerorts können die Heime keine mehr annehmen, Patzak erlebt immer wieder, dass an den vielen Seen in und um Hamburg Wasserschildkröten und anderes Getier ausgesetzt werden. "Wir haben mehr und mehr mit Exoten zu tun", sagt Patzak, "das ist ein trauriger Trend." An die 200 Vogelspinnen, Skorpione, Geckos und Schlangen wie die zwei Meter lange Königspython "Günther" müssen die Hamburger derzeit versorgen. Sie haben eigens einen Trocken- und einen Feuchtraum für die Tiere eingerichtet, die Gehege draußen werden umgebaut, damit Wasserschildkröten untergebracht werden können.

Eigentlich eher kuschelige Kaninchen gewohnt, müssen sich inzwischen Tierheime in der ganzen Republik auf diese manchmal gar giftige, aber immer anspruchsvolle Kundschaft einstellen. Im Heim in Mannheim lebt ein 1,20 Meter großer Leguan, in München wurden Nasenbären und sogar ein Känguru untergebracht. Tierheime, Tierschützer und selbst Tierhändler schlagen deshalb beim Bundeslandwirtschaftsminister Alarm. "Die Aufnahme von Exoten stellt uns vor enorme Herausforderungen - finanziell sowie personell", heißt es in einem Aufruf von 30 Tierheimen.

Bei vielen Reptilien kommt hinzu, dass sie sehr alt werden

In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD 2013 beschlossen, den Handel und die private Haltung von exotischen und Wildtieren strikter zu regeln. Passiert ist jedoch kaum etwas. Und das, was Landwirtschaftsminister Christian Schmidt unternommen habe, so die Tierhilfsorganisation Pro Wildlife, schade sogar: Die von seinem Ministerium eingerichtete Internetseite haustier-berater.de solle "Spontankäufe von Tieren verhindern", wirbt Schmidt. Stattdessen würden auf der Seite "alle möglichen Arten im Katalogstil behandelt", sagt Sandra Altherr von Pro Wildlife. Selbst Meereszierfische würden präsentiert, "90 Prozent davon werden in freier Wildbahn gefangen."

Tatsächlich ist es inzwischen ein Leichtes, sich auch die ausgefallensten Wesen zu beschaffen. Was der Zooladen an der Ecke nicht hat, gibt es auf Tierbörsen oder im Internet. Auch gefährdete Arten, deren Handel illegal ist, sind dort recht einfach zu bekommen. Dass diese Tiere aber vielleicht nur sehr aufwendig und teuer zu halten sind, wird den Besitzern oft erst später bewusst.

So fragt der Halter von zwei Pumas seit Jahren erfolglos beim Raubtierasyl in Ansbach nach, ob die Katzen abgenommen werden können. Bei vielen Reptilien kommt hinzu, dass sie sehr alt werden. "Bei einer Schildkröte sollte man sich gleich überlegen, wer sie dann erben soll", sagt Florian Brenner vom Tierschutzverein Mannheim.

© SZ vom 17.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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