Hamburg:Kind mit verseuchten Spritzen gequält - Mutter vor Gericht

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  • Vor dem Hamburger Landgericht hat ein Prozess gegen eine 30 Jahre alte Mutter begonnen, die ihr Kind über Monate mit verseuchten Spritzen gequält haben soll.
  • Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte unter dem sogenannten Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidet.

Das Landgericht Hamburg muss sich seit Montag mit einem besonders grausigen Fall von Kindesmisshandlung beschäftigen: Eine Mutter soll ihrem dreijährigen Sohn im Jahr über Monate mit Fäkalien, Speichel oder Blumenwasser vermischte Substanzen unter die Haut oder in die Blutbahn gespritzt haben. So heißt es zumindest in der Anklageschrift. Nun muss sich die Frau vor Gericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sie unter dem sogenannten Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidet. Wer unter diesem Syndrom leidet, macht einen anderen Menschen bewusst krank oder täuscht eine Krankheit vor, um Zuwendung zu erreichen. Häufig sind es Mütter, die ihr Kind auf diese Weise schwer misshandeln. In der Regel wollen die Frauen so Zuwendung für sich und ihre Kinder erreichen. Bisweilen gehen sie so weit, dass ihr Kind an der Misshandlung stirbt.

Ärzte glaubten an Krebserkrankung

In dem Hamburger Fall bekam der Junge heftige Schmerzen, Fieberschübe und Abszesse, sein Blutdruck fiel ab und die Sauerstoffsättigung seines Blutes sank. Er lag zeitweise in Lebensgefahr auf der Intensivstation. Die Mutter war stets an der Seite ihres Kindes. Wenn sich sein Zustand besserte, es nach Hause entlassen wurde, gab ihm die Mutter laut Anklage erneut eine verseuchte Injektion.

Die Ärzte gingen schließlich sogar von einer Krebserkrankung aus und planten eine Knochenmarkstransplantation mit Chemotherapie. Schließlich fiel das Verhalten der 30-Jährigen doch auf, die Ärzte stellten sie zur Rede und trennten sie von dem Kind. Zwei Wochen später war das Kind wieder zu Hause, mit normalen Blutwerten.

Gericht schließt Öffentlichkeit aus

Nach Verlesung der Anklage schlossen die Richter am Montag die Öffentlichkeit von dem Verfahren aus. Zur Begründung der Kammerentscheidung erklärte das Gericht, in dem Verfahren werde auch die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung erörtert werden. Dabei könnten intime Details zur Sprache kommen. Es geht es um die Frage, ob die Mutter überhaupt schuldfähig ist.

Sollte die Frau schuldig gesprochen werden, drohen ihr wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Verletzung der Erziehungspflicht zwischen einem und 15 Jahren Haft. Das Gericht hat vier weitere Verhandlungstermine angesetzt. Mit einer Urteilsverkündung wird Anfang Oktober gerechnet.

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