Flugzeug-Entführung nach Genf:Schweizer Luftwaffe nur zu Bürozeiten besetzt

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Der Co-Pilot der Airline hatte die mit fast 200 Passagieren besetzte Maschine in seine Gewalt gebracht. (Foto: dpa)

Als der Co-Pilot der Ethiopian Airlines eine mit knapp 200 Passagieren besetzte Maschine entführte, musste die französische Luftwaffe das Flugzeug nach Genf begleiten. Der Grund: Die Schweizer Luftwaffe war so früh am Morgen noch nicht einsatzbereit.

Um kurz nach 6 Uhr morgens war alles überstanden. Das entführte Flugzeug mit fast 200 Passagieren an Bord war sicher auf dem Genfer Flughafen gelandet. Nachdem es der Co-Pilot der Ethiopian Airlines kurz nach dem Start in Adis Abeba in seine Gewalt gebracht hatte, wurde es zunächst von italienischen Kampfjets abgefangen und später von französischen Militärjets eskortiert.

Wohlgemerkt nicht von der Schweizer Luftwaffe. Denn die eidgenössischen Militärpiloten hätten um diese Uhrzeit "wohl noch im Bett gelegen", schreibt die Schweizer Zeitung Blick süffisant.

In der Tat sei die eidgenössische Luftwaffe grundsätzlich nur zu Bürozeiten einsatzbereit, bestätigte ein Sprecher der Schweizer Nachrichtenagentur sda. Die Militärflieger hätten erst von 8 Uhr an zur Verfügung gestanden.

Begründet wird dies mit zu hohen Kosten. Zudem verfüge die Luftwaffe über zu wenige Flugzeuge, schreibt die Zeitung Blick. Für Sicherheitspolitiker sei das ein unhaltbarer Zustand: "Es kann nicht sein, dass unsere Luftwaffe nur zu Bürozeiten fliegt. Hier braucht es dringend eine Verbesserung", sagte SVP-Nationalrat Thomas Hurter der Zeitung 20 Minuten. Der Zwischenfall zeige die "Schwächen des Systems schonungslos auf", sagte der FDP-Abgeordnete Walter Müller.

Die Begleitung durch die französischen Militärs erfolgte nach Angaben des Luftwaffe-Sprechers auf der Grundlage eines Abkommens. Französische Kampfflugzeuge hätten in solchen Fällen allerdings nicht das Recht, eine Maschine über Schweizer Boden abzuschießen. Die Zusammenarbeit habe gut funktioniert, sagte der Sprecher der Luftwaffe.

Der Entführer stellte sich den Behörden. An Bord der Maschine waren 193 Passagiere, die meisten von ihnen Italiener. Auch zwei Deutsche, vier Franzosen und elf US-Amerikaner saßen in der entführten Maschine. Der Co-Pilot wollte mit der Aktion offenbar Asyl in der Schweiz erzwingen.

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