Erster Ebola-Toter in den USA:Die tragische Reise des Thomas Eric Duncan

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Erster Ebola-Toter in den USA: Thomas Eric Duncan im Jahr 2011 (Foto: AP)

Er wollte seine Familie wiedersehen. Doch weil er einer kranken Bekannten half, infizierte sich der Liberianer Thomas Eric Duncan vor seiner Reise in die USA mit Ebola. Nun ist er als erster Mensch auf amerikanischem Boden an der Seuche gestorben.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Ebola hat viele tragische Facetten und eine davon ist die Tatsache, dass die von der Seuche Betroffenen nicht nur hinter den Mauern der Quarantäne-Stationen verschwinden, sondern auch hinter dem leeren Begriff "Ebola-Patient".

Thomas Eric Duncan hätte wohl damit leben können, als "der Ebola-Patient von Dallas" bekannt zu werden. Unter diesem Namen firmierte der 42-jährige Liberianer in den Medien, seit sein Fall vor wenigen Tagen publik wurde. In einigen Jahren hätte Duncan vielleicht mit einem Schaudern auf die Krankheit zurückgeblickt oder seinem Sohn von der Dankbarkeit erzählt, die Seuche mit Hilfe westlicher Medizinversorgung überlebt zu haben.

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Er hätte geschildert, wie es in Liberia zur Ansteckung gekommen war. Wie er der Familie, bei der er in der Nähe der Hauptstadt Monrovia wohnte, helfen wollte. Wie er ins Taxi stieg, um die an Ebola erkrankte schwangere Tochter seiner Vermieter ins Krankenhaus zu begleiten. Wie sie wegen Überfüllung abgewiesen wurden und er die schon tödlich geschwächte 19-Jährige später zurück ins Elternhaus trug, wo sie innerhalb weniger Stunden mit ihrem ungeborenen Kind starb, so wie später ihr Bruder und drei Nachbarn.

Thomas Eric Duncan hätte erzählt, warum er trotzdem vier Tage später in ein Flugzeug stieg, um in die USA zu reisen. Seinen Job hinter sich lassend, und die Seuche. Er hätte erklären können, warum er bei der Ausreise log, keinen Kontakt zu Erkrankten gehabt zu haben. Dass es offenbar um eine Frau ging. Die Frau, die er einst auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg kennengelernt hat und mit der er einen 19-jährigen Sohn hat, der ihn nun zum ersten Mal seit seinem dritten Lebensjahr sehen sollte.

Antibiotika statt Quarantäne

Thomas Eric Duncan hätte möglicherweise verwundert geschildert, wie ihn einige Tage später das Krankenhaus in Dallas heimschickte, als er mit den ersten Symptomen um Behandlung bat. Obwohl er doch angegeben hatte, in Westafrika gewesen zu sein. Wie der Arzt im Computerprogramm die entsprechenden Notizen der Krankenschwestern nicht sehen konnte, weil er keinen Zugriff darauf hatte. Wie der Mann einen Infekt diagnostizierte und ihm Antibiotika verschrieb.

Thomas Eric Duncan hätte vielleicht von seinem zweiten Eintreffen in der Klinik erzählt, im Krankenwagen und schon all jene Symptome aufweisend, die zum Verlust von Körperflüssigkeiten führen und Zeichen erster innerer Blutungen sind. Davon, wie er sich am Tag der Diagnose bei der Mutter seines Sohnes entschuldigt habe, gekommen zu sein und sie so dem Risiko der Ansteckung ausgesetzt zu haben. Er hätte von der Quarantäne und dem Kampf um sein Leben mit den medizinischen Mitteln berichtet, von denen viele seiner Landsleute nur träumen können.

Thomas Eric Duncan hätte dies womöglich mit einem nachdenklichen Lächeln geschildert, glücklich, am Ende überlebt zu haben; doch er ist am Mittwochmorgen gestorben, eine Woche nach seiner Einlieferung.

"Es wird eine lange Zeit dauern, bis wir den Schmerz überwunden haben", teilte Louise Troh mit, die Frau, die er nach Jahren wiedergesehen hatte. "Ich muss nun mit der Trauer und der Wut fertigwerden, dass sein Sohn ihn nicht mehr sehen konnte, bevor er starb."

Troh steht mit 47 anderen Menschen in Dallas, die mit Duncan Kontakt hatten, unter Beobachtung.

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Ebola hat viele tragische Facetten und eine davon ist, dass wir die Geschichte von Thomas Eric Duncan nur kennen, weil er in ein Flugzeug gestiegen ist, um in die USA zu reisen. Fast 3900 Menschen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation bislang an Ebola gestorben. Jedes einzelne Leben wäre es wert, erzählt zu werden.

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