England:Inferno auf der Schnellstraße

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Der Unglücksort bei Shoreham wurde sofort abgesperrt. (Foto: dpa)

Bei Shoreham stürzt bei einer Flugschau eine historische Maschine ab. Am Boden sterben mindestens elf Menschen in ihren Autos.

Von Christian Zaschke, London

Mit einem Gottesdienst in der St. Mary's Church in Shoreham wurde am Sonntag der Menschen gedacht, die am Samstag beim Absturz eines Kampfjets ums Leben gekommen waren. Die Maschine vom Typ Hawker Hunter hatte an einer Flugschau in Shoreham in Südengland teilgenommen und war auf eine vielbefahrene Straße neben dem Flugfeld gestürzt. Mindestens elf Menschen starben an der Unglücksstelle, der Pilot kämpft im Krankenhaus um sein Leben. Weitere 14 Menschen erlitten leichtere Verletzungen. Die Polizei schloss am Sonntag nicht aus, dass in den Trümmern weitere Tote liegen könnten. Premierminister David Cameron sprach den Angehörigen sein Beileid aus.

Viele Besucher der Flugschau haben die Vorführungen gefilmt, weshalb es reichlich Bildmaterial von dem Unglück gibt. Zu sehen ist, wie der Pilot einen Looping fliegt, die Maschine jedoch am Ende des Manövers zu spät hochzieht. Sie kracht auf die Schnellstraße A 27 und explodiert, mehrere Autos stehen in Flammen. Die Rauchsäule ist kilometerweit zu sehen.

Unter den Toten sind unter anderem zwei Fußballer aus dem nahegelegen Worthing, die auf dem Weg zu einem Spiel waren. Die Mitspieler reagierten in sozialen Medien schockiert, die Partie wurde abgesagt. Dass der Pilot den Absturz überlebt hat, gleicht einem Wunder. Zunächst wurde vermutet, er könnte sich mit dem Schleudersitz gerettet haben. Verschiedene Experten erklärten jedoch, dass Kampfjets, die nicht mehr militärisch genutzt werden, über keinen Schleudersitz verfügen. Die Maschine wurde bis 1996 von der Royal Air Force geflogen und dann an einen privaten Eigentümer verkauft. Der jetzige Besitzer kaufte das Flugzeug 2012 für rund 90 000 Euro. Geflogen wurde es am Samstag von Andy Hill, einem ehemaligen Air-Force-Piloten, der als Flugkapitän bei einer großen Airline arbeitet. Hill gilt als erfahrener Pilot, der für seine Vorführungen bei Flugschauen bekannt ist.

Eine Gruppe von Experten für zivile Flugzeugunglücke versucht nun zu rekonstruieren, was genau passiert ist. Die Schnellstraße soll daher vorerst gesperrt bleiben. Am Sonntagnachmittag lagen auf der Straße weiträumig Trümmer verteilt. Ein Luxuswagen, der ein Brautpaar abholen sollte, um es zur Hochzeit zu fahren, stand mit abgerissenem Dach auf der Fahrbahn, daneben waren weitere Autowracks zu sehen. Das ausgebrannte Flugzeug lag neben der Straße in einem Feld.

Flugzeuge vom Typ Hawker Hunter waren besonders in den 1950er- und den 1960er- Jahren in der britischen Luftwaffe im Einsatz. Bis heute wird eine Zweisitzer-Version zum Training von Air-Force-Piloten eingesetzt. Auf Flugschauen, die in Großbritannien zwischen Frühjahr und Herbst in großer Zahl stattfinden und stets von Tausenden Menschen besucht werden, sind die Maschinen oft zu sehen. Air-shows sind auf der Insel äußerst beliebte Ausflugsziele. Da in diesem Jahr zudem die "Battle of Britain", die Luftschlacht um Großbritannien gegen Deutschland im Zweiten Weltkrieg, genau 75 Jahre zurückliegt, woran mit vielen Gedenkfeiern erinnert wird, sind in fast jeder Woche irgendwo ein paar alte Maschinen in der Luft. Die Flugschau in Shoreham sollte das ganze Wochenende dauern. Sie wurde am Samstag nach dem Unglück jedoch umgehend abgebrochen.

Bei einer weiteren Flugschau in Dittingen im Norden der Schweiz sind am Sonntag zwei Leichtmaschinen der deutschen Formation Grasshoppers aus Baden-Württemberg in der Luft zusammengestoßen. Dabei ist ein Pilot ums Leben gekommen, während ein zweiter sich mit dem Fallschirm hat retten können. Die dritte Maschine der Formation war nicht in den Unfall verwickelt. Das bestätigte die Polizei im Kanton Basel-Landschaft nach Angaben von Nachrichtenagenturen. Auch diese Flugschau wurde umgehend abgebrochen.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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