Drogen:Aufputschendes Badesalz

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Die Zahl der Opfer "legaler" Drogen hat sich verdoppelt. Es gibt mehr Drogenhandel im Netz. Cybercops ermitteln.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Ein Tütchen "Aliens" kann innerhalb von zwei Werktagen geliefert werden. Im Onlineshop "Räuchermischungen Legal" kostet es 20 Euro und gehört hier zu den stärkeren Substanzen, schreiben die Hersteller: "für die erfahrenen Räucherer unter euch". Das Pulver ist eine künstliche Droge, deren Vertrieb in Deutschland noch bis Ende des vergangenen Jahres erlaubt war. Genau wie sogenannte "Badesalze" oder Liquide wurden Kräutermischungen bis vor Kurzem an eine jüngere Kundschaft verkauft: als Entspannungsdroge oder Party-Aufputscher. Dabei hat sich die Zahl der Toten durch solche "neuen psychoaktiven Stoffe", wie die Bundesregierung sie nennt, 2016 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. 98 Menschen seien nach dem Konsum von legalen, berauschenden Substanzen gestorben, sagte die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU).

Der Drogenhandel im Netz nimmt immer mehr zu. Jetzt sollen dort "Cybercops" ermitteln

Anfang dieses Jahres ist nun ein Gesetz in Kraft getreten, dass die Zubereitung und den Verkauf von Substanzen aus bestimmten Stoffgruppen, vor allem synthetischen Cannabimimetika und Phenethylaminen, unter Strafe stellt. Doch beim Online-Verkauf von illegalen Drogen kann der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, trotzdem keinen Rückgang melden: "Rauschgifthandel im Internet nimmt immer weiter zu", sagte er. Um Internet-Dealer künftig besser verfolgen zu können, bilde seine Behörde nun "Cybercops" aus, IT-Experten, die im Auftrag des BKA das Netz nach strafbaren Aktivitäten durchsuchen.

Denn die Zahl der Drogentoten in Deutschland, sagte Mortler, sei im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge gestiegen. 1333 Menschen seien an den direkten oder indirekten Folgen von illegalem Drogenkonsum gestorben und damit neun Prozent mehr als 2015. Allerdings, sagte sie, seien dies nicht viele Betroffene "im Vergleich zu 121 000 Tabaktoten und 74 000 Alkoholopfer im selben Zeitraum".

Auch die Anbauflächen für Heroin, Kokain und Marihuana hätten weltweit zugenommen. Synthetische Drogen würden mittlerweile nicht mehr in kleinen Laboren, sondern in "professionellen Produktionsstätten" mit umfangreichen Kapazitäten hergestellt: "Tendenz steigend", sagte Mortler. Künstliche, illegale Substanzen wie Ecstasy und Amphetamine würden vor allem aus den Niederlanden importiert, sagte BKA-Präsident Münch, Crystal Meth aus Tschechien. Marihuana stamme hauptsächliche aus Albanien. Allerdings bauten auch in europäischen Ländern immer mehr Händler Cannabispflanzen auf Indoor-Plantagen an.

Der Onlineversand "Räuchermischungen Legal" hat seinen Sitz angeblich im sizilianischen Noto, einem pittoresken Städtchen in Küstennähe. So steht es zumindest - mit zweifelhaftem Wahrheitsgehalt - im Impressum der Webseite. Der drogenpolitische Sprecher der Grünen, Harald Terpe, warnte noch vor Verabschiedung des Verbots neuer psychoaktiver Stoffe davor, dass Drogenköche nun an neuen legalen Substanzen forschen würden. Solche, die "mitunter gefährlicher sind als klassische Substanzen".

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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