Brüssel:Ein Putzdienst gibt sich die Kugel

Workers rappel down along a sphere of the Brussels' iconic monument Atomium during its annual cleaning

Eigentlich sollte das Atomium nach der Expo 1958 in Brüssel wieder abgerissen werden. Wurde es aber nicht. Und jetzt muss man es putzen.

(Foto: François Lenoir/Reuters)

Putzen ist unglamourös und langweilig, logisch. Außer man gehört zur Putzkolonne, die für das Atomium in Brüssel zuständig ist.

Von Hannes Vollmuth

Es gibt Dinge in unserem Leben, die sind weder schön, noch kann man damit irgendeinen Blumentopf gewinnen. Die müssen einfach gemacht werden, hilft ja nichts. Muss. Steuererklärung erledigen, Fußnägel schneiden, Laubkehren sind solche Dinge. Und definitiv gehört auch das Putzen mit dazu. Putzen hat ja inzwischen ein dermaßen schlechtes Image, dass Putz-Philosophen schon von einem gesellschaftlichen Verdrängungsprozess sprechen. Was auch erklären würde, warum der halbe Bekanntenkreis mittlerweile eine Putzkraft unterhält (neben Tagesmutter, Nachhilfelehrer, Fitnesstrainer und Hunde-Sitter). Ist ja auch wirklich gefährlich, dieses Putzen, dreimal so viele Menschen kommen bei Haushaltsunfällen ums Leben wie im Straßenverkehr. Und noch viel wichtiger: Putzen ist brutal unglamourös. Weder richtig waghalsig, noch instagramable, also verwertbar für das digitale Ich. Es bräuchte vielleicht einfach mehr öffentliche Putzaktionen wie jene, die gerade wieder auf dem Atomium in Brüssel stattgefunden hat. Dort wird jährlich in 100 Metern Höhe das Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt poliert: 1958 erbaut, neun Kugeln, die ein Eisenkristall darstellen sollen. So ein Atomium-Putztag bedeutet also, dass wischbegabte Hasardeure in wahnwitziger Höhe Lappen schwingend an Seilen hängen, um dabei fotografiert zu werden. Oha. Putzen kann ja so aufregend sein.

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