BGH-Urteil zu Rechten von Samenspendern:"Beiwohnung" muss nicht Geschlechtsverkehr sein

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Ein Mann hat einem lesbisches Paar bei der Familiengründung geholfen und ihnen einen Behälter mit Sperma übergeben. Jetzt hat der Bundesgerichtshof entschieden: Auch wenn er keinen Geschlechtsverkehr mit der Mutter hatte, behält er seine Rechte als biologischer Vater - ob die Mütter das wollen oder nicht.

Von Wolfgang Janisch

Sie hatten die Familiengründung perfekt durchdacht. Die lesbische Frau ließ sich von einem Bekannten - einem homosexuellen Mann - ein Behältnis mit Sperma in die Hand drücken, mit dessen Hilfe sie tatsächlich schwanger wurde. 2008 kam der Junge zur Welt, die Lebenspartnerin der Mutter sollte ihn adoptieren.

Damit der Samenspender den Plan nicht durchkreuzen konnte, verfiel die Mutter auf einen Trick: Ein Freund der Familie anerkannte die Vaterschaft - sozusagen als "Sperrvater", um juristisches Störfeuer des Erzeugers abzublocken. Der aber ist dagegen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen - und hat gewonnen.

Denn der biologische Vater, der früher ziemlich rechtlos war, wenn er nicht mit der Mutter zusammenlebte, ist im Jahr 2003 durch das Bundesverfassungsgericht aufgewertet worden. Seither muss ihm zumindest eine Möglichkeit gegeben werden, seine Vaterstellung einzuklagen - sofern er damit nicht in eine bestehende Familie einbricht. Auf dieses Anfechtungsrecht hat sich der Kläger berufen.

Juristisch kompliziert wurde die Sache durch die unkonventionelle Art der Kindszeugung: Laut Gesetz ist zur Anfechtung einer "rechtlichen" Vaterschaft nur berechtigt, wer an Eides Statt versichert, der Mutter im fraglichen Zeitraum "beigewohnt" zu haben. Weshalb sich in der BGH-Verhandlung zwischen Richtern und Anwälten eine satiretaugliche Diskussion über die Frage entspann: Muss "Beiwohnung" eigentlich immer Geschlechtsverkehr sein?

Nein, entschied der BGH und befand, dass auch die Übergabe eines Behälters mit Sperma "Beiwohnung" im Sinne des Gesetzes sein kann. Mit dem Wortlaut des altertümlichen Begriffs hat das zwar nichts zu tun, wohl aber mit dem Sinn des Gesetzes. Ein Samenspender solle die Klage auf Vaterschaft nur dann verwehrt sein, wenn dies von Anfang an so vereinbart sei, befand der BGH - und erklärte die Einschaltung eines "Sperrvaters" zum Missbrauch des Elternrechts. Die Familienplanung des lesbischen Paars ist damit aber nicht unbedingt gescheitert, deutete der Senatsvorsitzende Hans-Joachim Dose an: Eine Adoption könne unter Umständen auch gegen den Willen des Vaters durchgesetzt werden.

© SZ vom 16.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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