Berlin: Überfall im U-Bahnhof:Retter ausfindig gemacht

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Nach dem brutalen Überfall in Berlin-Lichtenberg hat die Polizei einen Rocker ausfindig gemacht, der das zweite Opfer rettete. Die Berliner Polizei muss sich massive Vorwürfe anhören.

Mehr als eine Woche nach dem versuchten Raubmord an zwei Handwerkern in Berlin-Lichtenberg hat die Polizei einen Rocker ausfindig gemacht, der das zweite Opfer rettete. Dies bestätigten Sicherheitskreise.

U-Bahnhof Lichtenberg: Während der Retter des zweiten Opfers ausfindig gemacht wurde, konfrontiert Kriminologe Pfeiffer die Berliner Polizei mit harschen Vorwürfen. (Foto: dpa)

Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, wurde der Retter bisher noch nicht befragt. Steltner bestätigte auch nicht, dass der Helfer zu den "Bandidos"-Rockern gehört. Zu deren Kodex soll es gehören, nicht mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Auf den Mann solle kein Druck ausgeübt werden, seine Zeugenaussage werde aber gebraucht, hieß es.

Ein 30-jähriger Mann liegt nach dem Überfall im U-Bahnhof noch schwer verletzt im künstlichen Koma. "Sein Zustand ist unverändert und weiter kritisch", sagte ein Sprecher des Unfallkrankenhauses Berlin. Der zweite Mann entkam weniger stark verletzt.

Unterdessen kritisierte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, die Berliner Polizei massiv und warf ihr im RBB-Inforadio vor, die Gewaltkriminalität in der Hauptstadt zu verharmlosen. Pfeiffer sagte, er sei verwundert, dass die Polizei den brutalen Überfall erst Tage später öffentlich gemacht habe. "So was wäre, wenn es in irgendeiner anderen Großstadt passiert wäre, bis in die Tagesschau gekommen. Weil das eine exzessive Brutalität ist, die sich dort abgespielt hat. Die Polizei sagt, das ist alltäglich, da müssten wir viel melden. Dieses Herunterspielen ist für mich nicht akzeptabel."

Die Polizei wolle nicht, dass die Misere Berlins deutlich werde, kritisierte Pfeiffer. Nach seinen Angaben liegt die Aufklärungsquote von Gewalttaten in der Hauptstadt mit "mickrigen 60 Prozent" deutlich niedriger als im Bundesdurchschnitt mit 75 Prozent. Den Grund für die Situation sieht Pfeiffer in einer mangelhaften Ausstattung der Polizei. Die Armut Berlins wirke sich auch bei den Präventionsmaßnahmen aus.

Polizeipräsident Dieter Glietsch weist die Vorwürfe vehement zurück und erklärte der Nachrichtenagentur dpa, eine so unqualifizierte Kritik wie von Pfeiffer habe er bei einem Wissenschaftler noch nie erlebt.

Neben dem Rocker werden als Zeugen auch weitere Fahrgäste gesucht, die auf dem Bahnsteig waren, als das erste Opfer zusammengeschlagen wurde. Über den Zustand des lebensgefährlich verletzten Mannes sagte ein Kliniksprecher, im Verlauf dieser Woche sei noch nicht damit zu rechnen, dass er schrittweise aus dem künstlichen Koma geweckt werden könne. "Auch für eine weitergehende Prognose ist es noch zu früh."

Vier mutmaßliche Schläger - drei 17-Jährige und ein 14-Jähriger - sitzen in Untersuchungshaft. Laut den Ermittlungen wurde der zweite Handwerker, der sich zunächst verstecken konnte, von den Angreifern auf die Straße zurückgetrieben und ebenfalls verprügelt. Ein Unbekannter, vermutlich der nun gefundene Rocker, rettete ihn, indem er durch sein Auftreten die Schläger in die Flucht trieb.

Die Verdächtigen waren durch Bilder einer Videokamera aufgespürt worden. Die Polizei berichtete am Dienstag von einem Überfall auf einen 22-Jährigen. Drei Räuber bedrohten den Mann am Montagabend im Stadtteil Wittenau mit einem Teleskopschlagstock und einer Waffe. Mit zwei Faustschlägen zwangen sie ihn zur Herausgabe des Portemonnaies und der Geheimzahl für die EC-Karte. Das Trio flüchtete mit Geld und der Armbanduhr des Opfers, das leicht verletzt wurde.

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