Auftakt im Taximord-Prozess:"Noch nie eine so brutale Tat gesehen"

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Der Mord an einer Taxifahrerin und die Vergewaltigung einer Kollegin versetzte die Bodensee-Region in Aufruhr. Sieben Monate später wird dem mutmaßlichen Täter der Prozess gemacht.

Der schmächtige 28-Jährige wirkt jungenhaft, doch soll der mutmaßliche "Taximörder vom Bodensee" grausame Verbrechen begangen haben. In Konstanz hat der Prozess gegen den Angeklagten Andrej W. begonnen, der im Juni vergangenen Jahres eine Frau erstochen und eine weitere lebensgefährlich verletzt und vergewaltigt haben soll. Beide Opfer waren Taxifahrerinnen.

"Ich möchte erreichen, dass der Täter nie wieder einen Fuß in Freiheit setzt." sagte Christine Thurau, Anwältin eines der Opfer. Vom Angeklagten war am ersten Verhandlungstag kein Wort zu hören. (Foto: dapd)

Die Staatsanwaltschaft wirft Andrej W. neben Mord auch versuchten Mord, Vergewaltigung und Raub vor. Der russischstämmige Angeklagte, der vermummt in den Gerichtssaal kam, verfolgte den Beginn des Prozesses äußerlich regungslos. Zu den brutalen Attacken auf die Frauen wollte er, wie schon zuvor in den Polizeivernehmungen, keine Aussagen machen. Er weigerte sich zudem, Angaben zu seiner Biografie und seiner persönlichen Situation zu machen.

Im Mittelpunkt des ersten Prozesstages stand die Bluttat, die der mutmaßliche Täter in Singen begang. Laut Anklageschrift hatte der 28-Jährige die Taxifahrerin mit vorgehaltenem Messer auf einen abgelegenen Feldweg dirigiert, weil er sie töten, berauben und vergewaltigen wollte. Sie hatte sich nach Stichen in den Hals tot gestellt.

"Er schleppte sie ins Gebüsch und merkte nicht, dass sie noch lebte", sagte Oberstaatsanwalt Peter Muthmann. Dort habe sich der 28-Jährige an der vermeintlich Toten vergangen. Laut Anklage erbeutete er 280 Euro und eine Goldkette.

Einen Tag später soll der Mann in Hagnau in unmittelbarer Nähe zu Freibad und Campingplatz wieder eine Taxifahrerin in ihrem Wagen mit einem Messer angegriffen haben. Die 32-Jährige starb nach mehrfachen Stichen in den Hals.

"Ich halte ihn für psychisch krank", sagte sein Pflichtverteidiger Klaus Frank vor Verhandlungsbeginn. "Ob mein Mandant schuldunfähig ist, müssen aber die Richter entscheiden." Das 44-jährige Opfer überlebte nur deshalb, weil es rund zwölf Stunden später von der Polizei gefunden wurde.

"Ich habe noch nie so eine brutale Tat gesehen", sagte Christine Thurau, Anwältin der 44-Jährigen, am Rande der Verhandlung. Ihre Mandantin sei noch immer in der Klinik, die sie seit dem Verbrechen nicht verlassen habe und in der sie vom Gericht vernommen werden solle. Von den schweren Stichverletzungen seien auch Halswirbel betroffen, wodurch die Taxifahrerin seit der Tat halbseitig gelähmt sei.

"Sie wird ein Leben lang an den Folgen des Überfalls leiden", sagte die Vertreterin der Nebenklage. "Ich möchte erreichen, dass der Täter nie wieder einen Fuß in die Freiheit setzt."

Festnahme im Haus der Großmutter

Ein Polizeibeamter, der die verletzte Frau gefunden hatte, sagte aus, sie sei trotz der Tatsache, dass sie fast 13 Stunden in einem Gebüsch an einem Waldrand schwer verletzt und in Todesangst ausgeharrt hatte, ansprechbar gewesen. "Sie hat sogar den Tathergang geschildert und eine Täterbeschreibung abgegeben", sagte der Zeuge.

Der Angeklagte war am 13. Juni in Senftenberg (Brandenburg) im Haus seiner Großmutter gefasst worden. Auf seine Spur hatte eine DNA-Probe geführt, die von ihm wegen kleinerer Diebstähle 2007 im Raum Singen genommen worden war.

Der Prozess startete unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen und unter großem Interesse des Publikums. Das Konstanzer Landgericht kündigte an, dass neben einer Freiheitsstrafe auch eine Sicherungsverwahrung für den 28-Jährigen in Betracht komme. Das Urteil soll am 8. Februar verkündet werden.

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