Zweite Stammstrecke:Eskalation wie in Stuttgart verhindern

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"Wir dürfen nicht Getriebene sein": Wirtschaftsminister Zeil will mit einem Bürgerbüro und einem Koordinator Proteste gegen die zweite Stammstrecke auffangen.

K. Auer, K. Stroh und M. Völklein

In Stuttgart gehen derzeit fast täglich Bürger gegen das Projekt "Stuttgart 21" auf die Straße. Um ähnliche Proteste gegen den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München zu verhindern, will Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) nun einen Koordinator für Kommunikation einsetzen und ein Bürgerbüro einrichten.

Bald Proteste wie in Stuttgart? Münchner demonstrieren gegen einen zweiten S-Bahn-Tunnel. (Foto: Stephan Rumpf)

"Dort sollen die Leute früh und fortlaufend über die Planungen und die nächsten Schritte unterrichtet werden, auch über Themen wie mögliche Entschädigungen ", sagte Zeil der Süddeutschen Zeitung. Die endgültigen Kosten für den Tunnel schätzt er auf zwei Milliarden Euro. Bislang gingen die Planer von 1,63 Milliarden aus.

Dieses Bürgerbüro könnte zum Beispiel in einem S-Bahn-Waggon untergebracht werden, der durch die betroffenen Stadtteile tourt, so Zeil. Wie viel die neue Koordinationsstelle kosten wird und wie viele Mitarbeiter dort den Bürgern zur Verfügung stehen werden, ist laut Zeil noch offen. Auch wer künftig den Job des Kommunikations-Koordinators übernehmen könnte, ist ungeklärt. "An der Spitze sollte eine Persönlichkeit stehen, die ebenso vertrauenswürdig wie unabhängig ist", sagte Zeil. Bis zum Frühjahr 2011 sollen die genauen Details stehen.

Hintergrund sind die Proteste in der baden-württembergischen Landeshauptstadt gegen das Projekt "Stuttgart 21". Dort demonstrieren Woche für Woche Zehntausende Bürger gegen die geplante Tieferlegung des Hauptbahnhofs. Zeil will Ähnliches in München verhindern: "Wir dürfen nicht Getriebene sein - so wie das zuletzt in Stuttgart passiert ist."

Dort musste die Landesregierung aufgrund des Drucks der Bürger den CDU-Politiker Heiner Geißler als Schlichter einsetzen. Eine solche Funktion soll der Koordinator nicht einnehmen: "Wenn wir vorausschauend agieren und die Menschen mitnehmen, dann brauchen wir keinen Schlichter", sagte Zeil. Pikant ist, dass ausgerechnet die Mehrheit der Münchner FDP-Stadtratsfraktion zu den Gegnern der zweiten Münchner Röhre zählt - und deren Fraktionschef Michael Mattar seit längerem vor Protesten wie in Stuttgart warnt.

Unterstützung erhält Zeil indes von Georg Schmid, dem CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag. Der sprach sich angesichts der Proteste in Stuttgart für einen besseren Dialog mit den Bürgern aus. "Wir brauchen bei diesen Großprojekten eine stärkere Kommunikation - über die öffentlichen Verfahren hinaus", so Schmid. Allerdings lehnte er es ab, über sämtliche Großprojekte per Volksentscheid abstimmen zu lassen. "Zu sagen, wir unterwerfen jedes Projekt, das in die Diskussion kommen könnte, einem Volksentscheid, halte ich für falsch."

Unterdessen hat die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ihr Informationsangebot im Internet zur geplanten Tram-Westtangente erweitert. Dort führt sie unter anderem Argumente auf, die für die neue Trasse sprechen, und beantwortet Fragen. Auch dieses Projekt, das eine Tramstrecke vom Romanplatz durch die Fürstenrieder Straße zur Aidenbachstraße vorsieht, ist umstritten - vor allem im Münchner Westen. Dort planen Gegner für Freitag eine Demo.

Die MVG versucht seit längerem, über Workshops die Anrainer einzubinden, um so "für Aufklärung zu sorgen und etwaigen Vorbehalten begegnen zu können", wie es heißt. Anfang 2011 soll es eine weitere Runde mit Workshops geben.

© SZ vom 10.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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