Zirkusgala:Mit Einrad und Diabolo

Lesezeit: 3 min

Voll konzentriert: Zum Abschluss der Zirkustage stand eine Gala-Vorführung an, für welche die Kinder ganz fleißig geübt hatten. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei den Kinderzirkustagen in Königsdorf gestalten 113 Buben und Mädchen ein zweistündiges Programm. Gearbeitet wird inklusiv

Von Niklas Gramann, Königsdorf

Es duftet nach Popcorn. Das Zelt ist voll von Gemurmel und gespanntem Tuscheln. Auf einmal ertönt hinter dem Vorhang eine Stimme. "Ja, hallo Leute!" Ein Junge weist die Besucher mit witzigen Sprüchen auf wichtige Sicherheitshinweise hin. "Bitte im Zelt rauchen, das spart uns die Nebelmaschine", sagt er, und: " Bitte direkt vor die Ausgänge setzten, wir wollen ja nicht, dass noch jemand Platzangst bekommt". Das ganze Zelt lacht. Es kann losgehen.

Die Abschlussgala der 17. oberbayrischen Kinderzirkustage in der Königsdorfer Jugendsiedlung Hochland beginnt. Wie Caro Eberl vom Bezirksjugendring Oberbayern sagt, haben sich 113 Kinder mit 43 Betreuern in fünf Tagen ein zweistündiges Zirkusgalaprogramm erarbeitet. Das Zirkuscamp hat fünf Tage gedauert. In den ersten anderthalb Tagen konnten sich die Kinder aussuchen, an welchem Workshop sie teilnehmen wollen, dann wurde bis zum vorletzten Tag geprobt, gebastelt und einstudiert. Am letzten Tag steht die große Zirkusgala an, zu der alle Angehörigen eingeladen sind.

Dieses Jahr sind es nicht nur einfach Zirkusnummern, sondern jeweils kleine Geschichten, die in der Manege erzählt werden. Die Einradfahrer zum Beispiel haben ihren Auftritt in einem Harry-Potter-Kontext verpackt und stellen das bekannte Spiel "Quidditch" nach, das aber, anders als in den Büchern und Filmen, natürlich nicht auf Flugbesen gespielt wird, sondern eben vom Einrad aus. In der Mitte der Manege hängt ein goldgelber Ball. Zwei Kinder versuchen, auf ihren Rädern diesen "Schnatz" zu erreichen, während ein weiteres Kind vom Rad aus mit einem Zauberstab und Zaubersprüchen Unterstützung leistet. Doch der Ball hängt zu hoch. Sie fahren über eine Rampe und versuchen es auch mit einem größeren Einrad, aber es gelingt ihnen nicht. Nach vielen Versuchen finden die drei gemeinsam dann doch noch eine Lösung und erreichen den Ball. Geschafft! Die jungen Zirkusartisten zeigen jede Menge Akrobatik: Sie balancieren über Seile, auf rollenden Tonnen und Laufkugeln, jonglieren mit Bällen, Stäben und Diabolos, bauen schwindelerregend hohe Pyramiden oder bringen als Clowns die Zuschauer zum Lachen.

Die Kinderzirkustag sind eine Zusammenarbeit des Bezirksjugendrings Oberbayern mit der Jugendbildungsstätte Königsdorf. Doch es sind nicht nur Königsdorfer Kinder, die an dieser Ferienveranstaltung teilnehmen: Insgesamt sind zwölf Kreisjugendringe als Kooperationspartner an dem Projekt beteiligt. Die Kinder kommen unter anderem aus den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Eichstätt und Traunstein.

Die neunjährige Nora zum Beispiel ist aus Eichenau bei Fürstenfeldbruck: "Eigentlich wollte ich zur Vertikaltuch-Akrobatik, aber dann bin ich doch zum Seiltanz und zur Slackline gegangen", sagt sie. Sie habe in der Zeit des Zirkusworkshops zusammen mit anderen Kindern in einem Zelt übernachtet und dort auch einige Freunde gefunden. Sie sei auch ein wenig traurig, dass die Zirkus-Zeit schon vorbei ist, sagt sie. " Aber nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei." Auch die Betreuer seien sehr nett gewesen, fügt sie hinzu.

Einer ist Roland Meier aus Traunstein. Er leitete in den fünf Tagen den Clownworkshop. " Ich bin eigentlich Krankenpfleger auf einer Intensivstation. Hier bei den Zirkustagen mache ich mit, weil man hier viel Spaß hat", sagt er und lächelt. Er sei das erste Mal in Königsdorf dabei: "Das ist eine super Erfahrung." Auch Inklusion spiele bei den Zirkustagen eine große Rolle. Buben und Mädchen mit und ohne Behinderung gestalten zusammen ein spannendes, rundes Zirkusprogramm. Meier erzählt, wie er diese Zusammenarbeit erlebt hat: "Ich habe hier das erste Mal inklusiv gearbeitet und ich muss sagen, ich war fasziniert." Besonders habe ihn gefreut, wie gut die Zusammenarbeit geklappt habe und wie gut die Kinder mit Behinderung integriert worden seien.

Bei der Vorstellung darf zum Beispiel ein Bub mit Downsyndrom den Auftritt der Fakire einleiten. Stolz trägt er zusammen mit einer Betreuerin eine Fackel in die dunkle Manege. Dahinter folgen die anderen Kinder, die ebenfalls Fackeln dabei haben. Während der Vorführung der Fakire sitzt er ruhig da und beobachtet die anderen. Dann ist die Nummer vorbei, die Fakire verlassen unter dem Applaus der Zuschauer die Manege, und der Bub mit der Behinderung führt die Gruppe wieder an.

Einen Zirkusdirektor gibt nicht. Durchs Programm führen fünf Zirkuskinder, unter ihnen Yves Olivier Cudennec aus Gräfelfing. Der 13-Jährige ist schon zum fünften Mal dabei: "Die Betreuer sind hier sehr nett und man lernt sehr viel. Die Zirkusatmosphäre macht es für mich aus", sagt er. Cudennec möchte sobald wie möglich als Betreuer bei den Kinderzirkustagen mitarbeiten. Vielleicht sei das wegen seiner Erfahrung und seines guten Verhältnisses zu den Betreuern schon bald möglich, sagt Organisatorin Caro Eberl. Zum Ende der Gala werden alle Kinder und Betreuer in die Manege geholt und verabschieden sich. Viele wollen im kommenden Jahr wieder dabei sein.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: