Wolfratshausen:Forstamt soll Flüchtlingsquartier werden

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Der Landkreis erwägt, die staatliche Immobilie zu kaufen, um etwa 40 Asylbewerber in ihr unterzubringen. Die Stadt Wolfratshausen erhofft sich Vorteile: Sie will auf dem Gelände vorübergehend eine Krippe einrichten

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

An den Fensterrahmen bröckelt der Kitt, die Zufahrt zur Doppelgarage ist von hellgrünem Moos bedeckt und selbst direkt an der Hauswand sind wild aufgegangene Ahornbäumchen schon auf Mannshöhe herangewachsen. Ihr Anblick könnte Forstleute freuen, doch die letzten neun haben das Wolfratshauser Forstamt in der Königsdorfer Straße vor sieben Jahren verlassen und müssen bald schon wieder von der örtlichen Landwirtschaftsschule ins neue Grüne Zentrum nach Miesbach weiterziehen. Mit der staatlichen Immobile in zentrumsnaher Lage ist seither nicht viel geschehen - auch weil sich die Stadt und der Staat in vielen Dingen nicht einig wurden - und zuletzt vor allem nicht auf einen Kaufpreis für das baumbestandene Forstamts-Areal einigen konnten. Jetzt soll stattdessen der Landkreis ins Geschäft kommen: Er bemüht sich um das Gelände, um darauf eine Unterkunft für Flüchtlinge zu schaffen.

Ungefähr 40 Asylbewerbern werde man dort wohl erst einmal eine Zuflucht bieten können, sagt der zuständige Abteilungsleiter im Landratsamt, Daniel Waidelich. Wie viele genau, das hänge auch vom Zustand des Gebäudes ab, das zwei Etagen und etwa die Ausmaße eines Doppelhauses hat. Womöglich werde nur das Erdgeschoss zu nutzen sein, in jedem Fall müssten die nötigen Bäder und Küchen eingebaut werden, sagt Waidelich. Vielleicht erweise es sich sogar als besser, das Haus komplett abzureißen und stattdessen Container aufzustellen wie in Geretsried. Ganz so viele wie dort könnten es auf dem Gelände aber wohl nicht werden, sagt Waidelich. Zur Verfügung stünden dem Landkreis etwa die drei Container, die zuletzt die Raumnot am Gymnasium Icking lindern halfen. Die Schule wollte sie zunächst behalten, hat aber längst einen neuen Anbau und braucht nun eher Parkplätze.

Bevor solche Pläne konkreter werden, muss aber erst das Geschäft mit der Immobiliengesellschaft des Freistaats über die Bühne gehen. Nach dem jahrelangen Hin und Her mit der Stadt Wolfratshausen, die zwischenzeitlich sogar mit einer Klage des Freistaats rechnen musste, weil sie ihm für die Fläche nicht das erhoffte lukrative Baurecht einräumen wollte, zeigt sich die Immobiliengesellschaft gegenüber dem Landkreis deutlich kooperativer, was man sich im Landratsamt auch mit dem Druck erklärt, den der Freistaat selbst bei den Flüchtlingsunterkünften auf die Landkreise ausübt. Die Immobiliengesellschaft habe ihr Einverständnis bereits signalisiert und ein Wertgutachten bestellt, das möglichst noch im Juli vorliegen solle. "Wir sind guter Dinge, dass das schnell geht", sagt Waidelich.

Doch auch der Stadt Wolfratshausen könnte mit dem Geschäft zwischen Freistaat und Landkreis geholfen sein: Denn auf dem Forstamts-Areal könnte vorübergehend eine dringend benötigte neue Kinderkrippe mit zwei Gruppen entstehen. In einem Jahr will die Stadt dann eine vier- bis fünfgruppige neue Tagesstätte geschaffen haben, über deren Standort der Stadtrat am Dienstag endgültig entscheiden soll. Die Interimskrippe könnte entweder im Forstamtsgebäude selbst oder - mit vermutlich deutlich weniger Aufwand - in den drei Containern aus Icking entstehen.

Diese Planspiele hat Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) öffentlich bestätigt, während das Landratsamt bei dem Thema strikte Zurückhaltung übt, um neuerliche Irritationen bei den laufenden Verkaufsverhandlungen mit dem Freistaat zu vermeiden. Der Kreis würde mit dieser kombinierten Lösung nicht nur der Stadt beispringen, sondern auch sich selbst helfen, denn Eltern würden sich ihr seit einem Jahr gültiges Recht auf eine Betreuungsplatz für ihre Kinder im Ernstfall gegen den Landkreis erklagen.

Eine weitere Möglichkeit, in Wolfratshausen Asylsuchende unterzubringen, wäre auf dem Areal der Waldorfschule an der Königsdorfer Straße. Das Angebot sei dem Landratsamt vor geraumer Zeit unterbreitet worden, sagt Waidelich. "Sowohl Grundstück wie Container müssten wir uns anschauen. Spruchreif ist noch nichts."

© SZ vom 23.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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