Wackersberg:Mit Sorgfalt und guter Nase

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Annemarie (links) und Brigitte Schauer vor ihrem Kupferkessel, der mit Holzfeuer angeheizt wird. 300 Liter Schnaps destillieren die beiden pro Jahr. (Foto: Manfred Neubauer)

Annemarie und Brigitte Schauer destillieren auf ihrem Hof in Oberfischbach edle Schnäpse und Liköre aus Früchten der Region. Dafür erhalten sie zum zweiten Mal einen Staatsehrenpreis.

Von Konstantin Kaip, Wackersberg

Das Schnapsbrennen hat eine lange Tradition auf dem Schnegg-Hof in Oberfischbach. Den kleinen gefliesten Brennraum neben dem Kuhstall gab es schon, als sie 1967 an den Hof kam, erinnert sich Annemarie Schauer. Damals sei noch ihr Schwiegervater für das Destillieren zuständig gewesen, das aber bald zur Frauensache wurde. Sie sei Milchbäuerin gewesen, sagt die 68-Jährige, und habe nebenbei noch gebrannt. Ihr Mann Josef Schauer sei "viel ins Holz gegangen", sagt sie. "Das war eher seins."

Bis heute ist die Edelbrennerei Schauer ein Familienbetrieb, und die Produktion der Edelbrände und Liköre ist nach wie vor fest in Frauenhand. Annemarie Schauer ist für den Brennkessel aus Kupfer zuständig, der ausschließlich mit Holz befeuert wird. Ihre Schwiegertochter Brigitte Schauer kümmert sich um alles "Sensorische", wie sie sagt. Sie habe immer schon eine gute Nase gehabt, erklärt die 41-Jährige. Und auf dem Hof habe ihre Schwiegermutter "mit großer Leidenschaft und hohem Qualitätsstandard" Schnäpse gebrannt. "Irgendwie hat's mich angesteckt", sagt Brigitte Schauer.

Als die Fachhochschule Weihenstephan 2011 eine Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier einführte, gehörte Brigitte Schauer zu den ersten Absolventinnen. Sie konnte ihre Schwiegermutter von einigen Neuerungen überzeugen. "Früher gab's bei uns Apfel, Birne, Zwetschge und Obstler", sagt Annemarie Schauer. Inzwischen führt die Brennerei auf ihrer Produktionsliste 35 Edelbrände, Geiste und Liköre. "Ohne die Schwiegertochter wären wir heute nicht da wo wir sind ", sagt Annemarie Schauer.

Als das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2014 zum ersten Mal den Staatsehrenpreis für bayerische Edelbrenner vergab, gehörten Annemarie und Brigitte Schauer zu den zehn Preisträgern. An diesem Dienstag, als Minister Helmut Brunner in Würzburg den Preis zum zweiten Mal an zehn Brennereien vergab, waren sie wieder dabei. Beide Frauen versichern auf ihrem Hof, dass das eine "große Ehre" für sie sei, mit der sie nicht gerechnet hätten. Sie sehen den zweiten Ehrenpreis des Freistaats aber auch als Bestätigung ihrer konsequenten Philosophie.

"Wir haben uns darauf spezialisiert, nur Früchte aus der Region zu verarbeiten", sagt Brigitte Schauer. Das meiste kommt von Streuobstwiesen, den eigenen und denen von benachbarten Landwirten. "Mirabellen wird's bei uns nicht geben", sagt sie. Auch Kirschen "höchstens alle paar Jahre, wenn die Ernte sehr gut ist." Dafür gibt es Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbrand ebenso wie einen aus Kriecherln, wie man eine fast vergessene Urform der Pflaume nennt. Auch Geiste aus selbst gesammelten Wildfrüchten wie Schlehe und Vogelbeere brennen die Schauers, sie stellen Nusslikör ebenso her wie Reutberger Bierlikör oder sogar welchen aus Löwenzahn. Nur die Williamsbirnen, gibt Schauer zu, die stammen von weiter her: von einem befreundeten Landwirt aus dem Allgäu. "Da weiß ich sehr genau, wie er sie anbaut und wann er erntet." Denn das sei essenziell: dass die Früchte so lange wie möglich am Baum reifen.

Für einen guten Schnaps, sagt Brigitte Schauer, brauche man eben gutes Obst. Deshalb nehmen sie nur, was in der Region wächst und ohne Pflanzenschutz auskommt. Tiefkühlware ist keine Option. "Wir sind da sehr penibel", sagt Schauer zur Auswahl ihrer Rohstoffe. So sortierten sie und ihre Kinder stets sorgfältig unreife und überreife Früchte aus und zupften auch die Beeren einzeln von den Holunderdolden. "Ein großer Aufwand", sagt die 41-Jährige. "Aber er zahlt sich am Ende aus." 300 Liter Alkohol umfasst das Brennrecht der Familie Schauer. Nicht viele Flaschen also, die hauptsächlich von Stammkunden am Hof und von regionalen Gaststätten gekauft werden.

Gebrannt wird bei den Schauers traditionell im Roh- und Feinbrandverfahren. Anders als in der so genannten "Kolonne", wo die gegorene Maische über verschiedene Ebenen zum fertigen Brand destilliert wird, muss dabei das im Rohbrand gewonnene Destillat noch einmal im Feinbrand destilliert werden. Dreieinhalb bis drei Stunden brauche ein Rohbrand, etwa sechs Stunden der Feinbrand, sagt Annemarie Schauer, die für das Holzfeuer unter dem Kessel zuständig ist - das nicht zu heiß und nicht zu schwach sein darf. "Man muss es so hinkriegen, dass er langsam hochgeht", sagt sie.

Dann ist Brigitte Schauers Nase gefragt, um den Übergang zwischen den so genannten "Fraktionen" abzupassen: Sie muss den Zeitpunkt riechen, wenn der Vorlauf mit dem giftigen Methylalkohol in das "Herzstück" übergeht, wie Schauer das hochwertige Destillat, das in die Flaschen kommt, zärtlich nennt. "Minimale Mengen an Vorlauf können den kompletten Brand versauen", weiß Brigitte Schauer. Der minderwertige Nachlauf mache einen Brand rass. Wie ein guter Edelbrand schmecken muss? "Sowohl in der Nase als auch im Gaumen angenehm", sagt die Sommelière. "Und sauber muss er sein, das heißt mild schmecken."

Konflikte habe es unter den beiden Frauen eigentlich nie gegeben, beteuern sie. "Wir waren uns immer einig", sagt Annemarie Schauer. Nur von den Männern seien sie zu Beginn ihrer Umstellung belächelt worden. "Als wir angefangen haben, unser Obst zu waschen, standen sie lächelnd daneben." Inzwischen lächelt niemand mehr. Weil ihr Mann Josef, hauptberuflich Betriebsleiter des Bauhofs in Bad Tölz, ihre beiden Söhne Andreas und Thomas und ihr Schwiegervater fleißig bei der Obsternte, der Brennholzbeschaffung und anderen Arbeiten mithelfen, die im Betrieb so anfallen, gehe der Staatsehrenpreis auch an die ganze Familie, sagt Brigitte Schauer, die als Bankkauffrau in Teilzeit arbeitet. Auch ihre Tochter Regina sei fleißig dabei. Ob sie einmal in ihre Fußstapfen trete? Die 17-Jährige habe schon eine gute Nase, berichtet Brigitte Schauer. "Sie soll erst mal ihr Abitur machen", sagt ihre Schwiegermutter.

www.edelbraende-schauer.de

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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