Ungewisse Zukunft:Bildungsstätte liegt brach

Lesezeit: 2 min

Seit 2002 stehen die früheren Verdi-Gebäude in Kochel leer. Dabei wird es vorerst bleiben: Die Hotelpläne des neuen Besitzers zerschlugen sich, dem Frauenverein Sofia fehlt Geld, um den Komplex für ein Tagungshaus zu kaufen

Von Klaus Schieder, Kochel am See

Seit 13 Jahren steht das Verdi-Bildungshaus hoch über dem Ufer des Kochelsees leer, und es sieht nicht so aus, als würde sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern. Vor vier Jahren hatte der Unternehmer Bert Bleicher aus München die verlassenen und teilweise durch einen Brand zerstörten Gebäude gekauft, um auf dem 14 Hektar große Grundstück ein Luxushotel zu bauen. Diese Pläne zerschlugen sich, seither ist die Verbindung zu dem Eigentümer abgerissen. "Wir haben schon länger gar nichts mehr von ihm gehört", sagt Bürgermeister Thomas Holz (CSU). Der Verein Sofia hält indes weiter an seinen Plänen fest, das ehemalige Verdi-Anwesen als Seminar- und Gästehaus für Frauen zu nutzen.

Vor knapp drei Jahren hatte Vorsitzende Angelika Dullinger dem neuen Besitzer das Vorhaben des Vereins erläutert. Damals zeigt sich Bleicher nicht grundsätzlich abgeneigt, wollte das Konzept aber erst noch prüfen. Sofia möchte ein Tagungshaus mit qualifizierter Kinderbetreuung einrichten. Dort sollen Frauen in allen Lebensphasen die Gelegenheit haben, sich weiterzubilden. Damit sollen sich ihre Chancen erhöhen, einen Arbeitsplatz mit anständiger Bezahlung zu bekommen und am Ende ihres Berufslebens mithin eine Rente, die sie vor Altersarmut schützt. Der Verein will die ehemalige Verdi-Bildungsstätte modernisieren und auf lange Sicht auch kaufen.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Dullinger zufolge hat Sofia derzeit nur "einen vierstelligen Betrag" beisammen. Die große Frage sei, "wie finanziert man ein solches Großprojekt", sagt Dullinger. Auf seiner Homepage wirbt Sofia um Spenden, auch der Erlös aus Veranstaltungen wird für das Projekt gesammelt. "Wenn wir 100 000 Euro im Rücken haben, dann verhandeln wir, ob wir nicht endlich pachten können", sagt die Vorsitzende. Mit dem Geld könne man zumindest einige Räume nutzen und die Versicherung abdecken.

Um die Häuser irgendwann einmal zu kaufen, schwebt Dullinger eine Stiftung oder eine Genossenschaft vor. Als Vorbild sieht sie die Frauengenossenschaft "Weiber-Wirtschaft" in Berlin, die 1989 gegründet wurde und inzwischen circa 1800 Genossenschaftlerinnen hat. Sie brachte genug Geld zusammen, um ein Fabrikgelände in der Hauptstadt zu erwerben und dort ein Gründerinnen- und Unternehmerinnenzentrum einzurichten. "Eine Millionen-Investition", wie Dullinger sagt. Auch die Modernisierung der Verdi-Bildungsstätte mit dem Wirtschaftsgebäude und dem vom Brand beschädigten Bettenhaus dürfte einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen. "In zwei Jahren wissen wir, wo wir stehen."

Das ist eine Menge Zeit. Andere Bewerber können auf den Plan treten, aber darüber macht sich die Vereinsvorsitzende wenig Sorgen. Eine solches Anwesen sei zwar auch für andere interessant, "aber seit 2002 hat es niemand erworben", sagt sie. Im Gespräch mit Eigentümer Bleicher erfuhr sie nach eigenen Angaben, dass dieser die Immobilie wieder verkaufen wolle. Der Unternehmer, der 17 Jahre lang als Geschäftsführer die Münchner Hoffmann Group führte und dieses Amt vor zwei Jahren niederlegte, hatte seine Pläne für ein Luxushotel begraben, nachdem ihm mehrere Projektentwickler mitgeteilt hatten, dass ein solches Haus auf dem Grundstück in Kochel nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. Womöglich habe nun auch der Landkreis ein Interesse an der Bildungsstätte, mutmaßt Dullinger.

Dies dementiert Bürgermeister Holz, der auch stellvertretender Landrat ist. "Das stimmt auf keinen Fall", sagt er mit Nachdruck. Im Bebauungsplan der Gemeinde ist das Gelände für eine touristische Nutzung reserviert. Dabei bleibt es Holz zufolge auch: "Wir wollen ein Hotel." Zu den Plänen der Vereins Sofia äußert er sich zurückhaltend. Nur so viel: Ein Gäste- und Seminarhaus sei aus baurechtlicher Sicht "rein theoretisch" möglich. Das Landratsamt, das händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge sucht, hat die leer stehende Bildungsstätte in Kochel tatsächlich nicht im Fokus. Um die Häuser für Asylsuchende zu nutzen, müssten sie aufwendig hergerichtet werden. "Sie sind ja schon lange nicht mehr genutzt, das Ding ist ziemlich herunter und fast ein Rohbau", sagt Landrat Josef Niedermaier (FW).

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: