Unerwartete Entdeckungen:Zeugnis vom Leben der Vorfahren

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Archäologen untersuchen derzeit den Untergrund südlich des Pallaufhofs genau. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf der Baustelle des Pallaufhofs finden Archäologen Überreste von Hügelgräbern aus der Hallstattzeit und von mittelalterlichen Gebäuden. Eines könnte eine Schmiede gewesen sein

Von Benjamin Engel, Münsing

Zuerst hat es nur Vermutungen gegeben, doch jetzt herrscht Gewissheit: Archäologen haben an den künftigen Standorten für die beiden Wohnhäuser südlich des Pallaufhofs Überreste von Hügelgräbern aus der Hallstattzeit gefunden. Die Funde sind 2500 bis 2800 Jahre alt. Zutage brachten die Wissenschaftler zudem Gebäudereste aus dem Früh- bis Hochmittelalter. In der obersten Bodenschicht fanden sie Knochenreste, Keramikstücke und legten sogenannte Pfostenlöcher frei. Derzeit sind Archäologe Markus Fagner und sein Team vom Grabungsunternehmen Farch damit beschäftigt, die Funde genauestens zu dokumentieren und zu erfassen. Solange ruhen die Bauarbeiten. Sie werden fortgesetzt, sobald die archäologischen Untersuchungen abgeschlossen sind.

Die untere Denkmalschutzbehörde - das Tölzer Landratsamt - hatte veranlasst, dass Archäologen die Bauarbeiten begleiten. Denn ein größeres Hügelgräberfeld ist in der Wiese westlich der beiden geplanten Wohnhäuser bekannt. Zudem befindet sich die Baustelle nur unweit der Münsinger Pfarrkirche. In deren Nähe fänden sich bei mittelalterlichen Ortsgründungen wie Münsing die alten Siedlungskerne, was Funde erwarten lasse, sagt Fagner.

Der Archäologe kniet am Montagvormittag bei der Baustelle für das künftige östlichere Wohngebäude auf dem Boden. Vorsichtig legt Fagner ein altes Knochenstück frei. Langsam lässt er es in eine transparente Plastikfolie gleiten. Gleich daneben deutet er auf eine bräunliche Verfärbung im Boden "Das ist ein Keramikstück", sagt er. Was Fagner und sein Team hier freilegen, deutet auf ein Grubenhaus hin, das heißt ein Werkstattgebäude aus dem Früh- bis Hochmittelalter. Der Name rühre daher, dass die Gebäude tief in den Boden eingegraben wurden, um ein gleichmäßiges Raumklima zu erzielen, sagt Fagner. Oft seien darin Webereien untergebracht gewesen. In diesem Fall aber könnte es eine Schmiede gewesen sein. Darauf deutet die Eisenschlacke hin, die dort entdeckt wurde. Sicher belegt sei dies aber noch nicht, sagt Fagner.

Dunkle, kreisrunde Verfärbungen direkt daneben deuten auf eine Pfostenreihe und damit die Wand eines Gebäudes hin. Mitarbeiter von Fagner graben mit dem Spaten in die Tiefe und suchen nach weiteren Artefakten. Es sind solche Verfärbungen im Boden, welche die Archäologen Rückschlüsse auf Gebäudereste ziehen lassen. Sie deuteten darauf hin, dass an den entsprechenden Stellen Erdreich entnommen und anschließend wieder verfüllt worden sei, erklärt Fagner.

Die Überreste der Hügelgräber an der Baustelle für das westliche Wohngebäude sind unter grünen Plastikfolien verborgen. So sollen die beiden Hügelgräber und drei weitere kleinere Gräber vor den Witterungseinflüssen geschützt werden. In den Grabkammern der Hügelgräber fand Fagner Aschehaufen mit Resten von Holzkohle und kalzinierten Knochen. Darunter sind die ausgebrannten Gebeine zu verstehen, die nur noch aus dem mineralischen Gerüst bestehen. Anhand von Gefäßresten, die den Toten als Grabbeigaben mitgegeben worden waren, konnte der Archäologe die Funde auf die Hallstattzeit datieren. In den Hügelgräbern seien Angehörige einer gehobenen sozialen Schicht bestattet worden, erklärt der Archäologe. Zu der hätten meist Bauern gehört.

Jetzt müssen Fagner und sein Team die Ausgrabungen dokumentieren. Nachdem die oberste Bodenschicht abgetragen wurde, haben sie die Befunde fotografiert und vermessen. Anschließend gelte es Schnitte zu nehmen, sagt Fagner. Dazu trügen sie den Boden jeweils zur Hälfte an den Fundstellen ab, um die verschiedenen Erdschichten herausarbeiten und ein Profil erstellen zu können. Artefakte würden einzeln verpackt, sorgfältig beschriftet und später an das Landesamt für Denkmalpflege weitergeleitet. Zuvor müsse er noch einen wissenschaftlichen Vorbericht verfassen und die Funde noch genauer untersuchen, sagt Fagner.

Wann der Archäologe und sein Team ihre Forschungen abschließen werden, mag Fagner noch nicht beantworten. Denn das hänge davon ab, ob das Wetter schön bleibe. Doch rechnet er damit, dass die Bauarbeiten für die Wohngebäude nicht lange aufgehalten werden. In wenigen Wochen könnten diese wohl fortgesetzt werden, sagt Fagner.

Sobald die Bagger anrücken, werden sie den Boden umgraben. Danach wird von den archäologischen Funden nichts mehr übrig sein. Umso wichtiger ist es für die Archäologen, nun so genau wie möglich zu arbeiten und so die Grundlage für weitere Forschungen sicherzustellen.

© SZ vom 09.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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