Umfahrung für Hohenschäftlarn:Waldesruh in Gefahr

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Silke Thomas lebt in einem idyllisch gelegenen Haus, an dem eine der möglichen Trassen vorbeiführen würde. Über das Verhalten der Bürgerinitiative ist sie entsetzt: "Wir werden totgeschwiegen."

Von Isabel Meixner

Zirka 50 Meter von Silke Thomas' Haus entfernt könnte die Umfahrung für Hohenschäftlarn gebaut werden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zum Schäftlarner Rathaus hat Silke Thomas etwa eineinhalb Kilometer zurückzulegen. Dennoch liegen Welten zwischen dem Gebäude an der Starnberger Straße und ihrer idyllischen Einöde am Waldrand. Während die Autos durch die Starnberger Straße rauschen, klopft ein Buntspecht gegen die alten Ahornbäume in Thomas' Garten, schleichen Rehe und Füchse nachts ums Haus, galoppieren Reiter auf ihren Pferden auf dem Feldweg. Wenn Silke Thomas an einem lauen Sommerabend auf ihrer Terrasse sitzt, hört sie nichts außer das Zirpen der Grillen. Derzeit.

Künftig könnte sie den Lärm vorbeifahrender Autos von der Umgehungsstraße für Hohenschäftlarn hören. Denn eine der zwei Trassen, welche die Gemeinde in Erwägung zieht, würde in zirka 50 Meter Entfernung an ihrem Haus vorbeiführen. Eine schlimme Vorstellung für Silke Thomas: "Hier sind Spaziergänger zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs. Diesen Raum nutzen die Schäftlarner als Regenerationsfläche." Und noch etwas stört die Frau: "Dass wir totgeschwiegen werden." Von der Bürgerinitiative "Umgehungsstraße für Hohenschäftlarn", die sich für die Trasse am Waldrand entlang ausspricht und mit einem entsprechend gestalteten Flyer Unterschriften für die Umfahrung gesammelt hat, habe niemand mit ihr gesprochen, von der Gemeinde ebenso wenig. "Wenn sie die Straße auf meine Terrasse planen, dann sollten sie mich jedenfalls erwähnen", findet Silke Thomas. Die Liste der Bürgerinitiative hat sie nicht unterschrieben, "ich denk nicht dran".

Seit 2007 lebt Thomas mit ihrer heute fünfjährigen Tochter, ihrem 14-jährigen Sohn und zwei Untermietern in dem Haus am Waldrand, das in den 1950er Jahren als Jagdhütte gebaut worden war. Weil das Haus so weit von der Gemeindebebauung entfernt ist, verfügt es über eine eigene kleine Bio-Kläranlage. Wegen der Bakterien, die sich darin befinden, darf keine Milch weggeschüttet und zum Waschen kein Weichspüler verwendet werden. Auch Öl ist Gift für die Bakterien; fettige Töpfe wischt Silke Thomas deshalb immer mit einem Papiertuch aus. Für sie, die tagsüber in München im Kunsthandel arbeitet, war das eine Umstellung, an die sie sich mittlerweile gewöhnt hat. Und jetzt die Umfahrung? Das passt für sie nicht ins ökologische Bild. "Wir sind hier auf Naturschutz", sagt sie. "So eine Straße hat einen anderen Einfluss auf die Natur."

Gleichwohl versteht die Schäftlarnerin den Wunsch ihrer Mitbürger nach einer Umfahrung. Und sie weiß, dass sie schlechte Karten hat: "Klar wird das eine schwere Diskussion. Ich bin hier hinten allein." Außerdem begrenze der Forstenrieder Wald die Möglichkeiten der Gemeinde Schäftlarn, eine alternative Trasse zu finden. Doch Silke Thomas will ernst genommen werden: "Ich bin hier nicht so verbandelt, aber ich bin genauso Bürger der Gemeinde Schäftlarn wie andere auch." Und ganz allein ist sie doch nicht: "Das Gebiet hier ist eine Regenerationsfläche für die Schäftlarner", sagt sie. Ihre Mutter Cornelia Thomas fügt hinzu: "Und das letzte Stück, das eben und auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist."

Silke Thomas geht fest davon aus, dass die Schäftlarner Umfahrung früher oder später kommen wird. Und dass sie davon sicher betroffen sein wird. Zur Diskussion stehen derzeit vor allem die Trasse am Waldrand und eine ortsnähere, die über die Schäftlarner Felder führen würde. Silke Thomas wäre eine gemeindeübergreifende Lösung am liebsten: "Ich finde es erschreckend, dass jede Gemeinde ihr Süppchen kocht."

Die Planung der Gemeinde will sie jedenfalls nicht einfach hinnehmen. "Ich werde mich wehren", kündigt sie schon einmal an, "wie, das muss ich noch schauen." Schließlich hätten nicht nur die Schäftlarner das Interesse, den Verkehr möglichst weit weg zu haben. Sondern auch sie.

© SZ vom 15.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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