Umbau der Stadtmitte:Geretsrieder dürfen nicht über Turmbau entscheiden

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Der Stadtrat erklärt das Bürgerbegehren gegen die Pläne am Karl-Lederer-Platz für unzulässig

Von Felicitas Amler, Geretsried

Der Geretsrieder Stadtrat hat am Dienstag in einer von rund sechzig Zuhörern begleiteten Sitzung das Bürgerbegehren Karl-Lederer-Platz für nicht zulässig erklärt. Dies sei "eine juristische Frage, die politisch entschieden wird", sagte FW-Fraktionssprecher Robert Lug. Und der von der Stadt beauftragte Jurist Klaus Hoffmann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, hatte eben eindeutig empfohlen, es nicht zu einem Bürgerentscheid im Sinne der von Patrik Kohlert vertretenen Bürgerinitiative (BI) kommen zu lassen. Es wäre "ein Verfahren, das ins Nirwana führt", sagte Hoffmann.

Bürgermeister Michael Müller (CSU) appellierte nach der Abstimmung eindringlich an die Bürger, die demokratisch zustande gekommene Entscheidung zu akzeptieren und sich an der weiteren Entwicklung konstruktiv zu beteiligen. Die BI wollte sich am Abend nicht äußern; man warte die Zusendung der Begründung ab, sagte Kohlert. Einige Anwohner diskutierten noch vor dem Rathaus und empörten sich über Begriffe wie "in die Irre führen", die der Anwalt verwendet hatte.

Hoffmann sieht das Begehren, das nicht nur auf Aufhebung des Bebauungsplans für den Platz abzielte, sondern konkret die Bauhöhen der Anwesen Karl-Lederer-Platz 14 bis 20 von sieben auf vier Geschosse reduzieren wollte, formell wie materiell für unzulässig. Die Begründung zum Begehren - sie hebt auf Platzgröße, Verschattung und Aufenthaltsqualität ab - irreführend und zu undifferenziert. Die Fragestellung selbst sei nicht zulässig, da sie mehrere Sachverhalte kopple. Der Rechtsanwalt monierte, dass stimmberechtigten Bürgern fälschlich suggeriert werde, die Bauvorhaben seien noch zu verhindern. Tatsächlich aber liegen für die beiden Wohn- und Geschäftshäuser - den "Turm", den das Unternehmen Krämmel errichten will, und das Haus, das die Architekten Adamek und Hölzel planen - bereits die Baugenehmigungen aus dem Landratsamt vor. Das Begehren sei daher auf ein "unmögliches Ziel" gerichtet. Im Text aber werde den Bürgern vorenthalten, dass die Stadt selbst durch einen erneuten Planungsprozess den Investoren nicht bestehendes Baurecht nachträglich entziehen oder einschränken könne. Sonst könnte es zu Schadenersatzforderungen kommen. Im Übrigen sei es eine nach einschlägiger Rechtssprechung unzulässige Negativplanung, dass das Bürgerbegehren nur darauf abziele, etwas zu verhindern.

Für die CSU - deren Fraktionssprecher Volker Reeh nicht anwesend war - antwortete Gerhard Meinl auf einen Vorwurf der BI, die Öffentlichkeit sei von den Planungen für den Karl-Lederer-Platz "zu großen Teilen ausgeschlossen" gewesen. Meinl legte dar, dass es über die öffentlichen Stadtrats- und Ausschusssitzungen hinaus fast zwei Dutzend Termine gab: vom ersten Runden Tisch im Oktober 2014 über Jugendratssitzungen bis zu Anlieger- und Eigentümerbesprechungen; dazu die öffentlichen Planauslegungen, Info-Veranstaltungen, "Faktencheck" und fünf Openair-Bürgersprechstunden von Bürgermeister Michael Müller (CSU). SPD-Sprecher Hans Hopfner sagte dazu, leider habe man meist nur eine kleine Anzahl von Bürgern gesehen. Meinl erklärte schließlich, der BI stünden rechtliche Verfahren wie eine Normenkontrolle offen: "Dem sehen wir gelassen entgegen." Volker Witte (Grüne) sagte, seine Partei begrüße grundsätzlich Engagement von Bürgern: "Wir erlauben uns aber, eine eigene Meinung zu haben."

Der Bürgermeister äußerte sich erst nach der Abstimmung und erntete - was im Geretsrieder Stadtrat äußerst selten ist - den Applaus des gesamten Gremiums. Er sprach über die Zentrumsentwicklung, die dringende Aufgabe, ausreichend bezahlbare Wohnungen in der Stadt zu schaffen und die Herausforderung an den Stadtrat, immer "das große Ganze" im Auge zu haben, nicht nur "partikulare Einzelinteressen".

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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