Tölzer Bahnhof:Fahrkarten aus dem Container

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Der neue Fahrkartenschalter der Bayerischen Oberlandbahn ist am Donnerstag am Tölzer Bahnhof eingeweiht worden. Mit dabei: Bürgermeister Josef Janker (l.) und BOB-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch. (Foto: Manfred Neubauer)

Bürgermeister Josef Janker und BOB-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch nehmen neues Kundencenter auf dem Park-and-Ride-Platz offiziell in Betrieb. Keine Lösung für marodes Bahnhofsgebäude

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Drei Jahre lang habe er die Klagen der Mitarbeiter gehört. Damit sei nun Schluss. Bernd Rosenbusch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bayerischen Oberlandbahn GmbH (BOB) schwärmt geradezu von dem neuen Kundencenter auf dem Park-and-Ride-Platz am Tölzer Bahnhof. Südlich der Gleise werden die Fahrgäste ab sofort von den BOB-Mitarbeitern beraten. Ein trockener, klimatisierter und freundlicher Arbeitsplatz, wie Bürgermeister Josef Janker (CSU) sagt. Rosenbusch und Janker nahmen am Donnerstag das neue Kundencenter, das in Containern südlich der Gleise untergebracht ist, offiziell in Betrieb. Die Stadt hat das Gebäude errichtet für etwa 20 000 Euro. Die BOB ist Mieterin.

Früher saßen die Servicekräfte im Bahnhof - so, wie es sich eigentlich gehört. Doch die BOB wollte ihren Mitarbeitern das Arbeiten in dem heruntergekommenen Gebäude nicht mehr zumuten. Weder Sauberkeit noch Ausstattung entsprechen gängigen Standards. Im Winter funktionierte die Heizung nicht, ein Wasserschaden ließ die Wände modern. Das sei kein Zustand mehr gewesen. "Wir wollten da raus", sagte Rosenbaum. Unter diesen Umständen könne keiner im Bahnhofsgebäude arbeiten. Nur noch ein Fahrkarten-Automat auf dem Bahnsteig und keine kundenfreundliche, persönliche Beratung mehr - ein Dilemma für die Stadt, betont Janker. Daher galt es, eine entsprechend neue Infrastruktur zu schaffen. Der Bahnhof samt Umgriff gehört nicht der Stadt, sondern der Tölzer Firma Tektogrund. Sie hat den denkmalgeschützten Bahnhof, der 1924 erbaut wurde, 2001 von der Deutschen Bahn gekauft. Damals kam das Unternehmen der Stadt zuvor. Seitdem herrscht Stillstand.

Trotz mehrmaliger Ankündigung von Tektogrund, Pläne für das Areal bei der Stadt einzureichen und das Gebäude zu sanieren, passiert nichts. Erst im Dezember 2017 habe Tektogrund-Geschäftsführer Erwin Fritz angekündigt, bis spätestens Februar dieses Jahres eine Eingabeplanung im Rathaus einzureichen, erzählt Janker. "Bekommen haben wir mal wieder nichts." Nun sei es April.

Zu gerne möchte Bad Tölz den Bahnhof kaufen. Das sei immer wieder Thema im Stadtrat, sagt Janker. Doch Erwin Fritz will seinen Besitz nicht veräußern. Auch Angebote von Seiten der Stadt, gemeinsam das Gebäude und mögliche Nutzungen zu entwickeln, verpuffen regelmäßig. Eine kleine Gastronomie mit Döner und ähnlichem, wäre möglich, sagt der Bürgermeister. Auch könnte City-Manager Falko Wiesenhütter helfen, Leben in die Immobilie zu bringen. Aber Vorschläge blieben ungehört. Die Stadt könne auch nur handeln, wenn der Eigentümer seine Vorstellungen einer künftigen Nutzung des Hauses vorlegen würde. Vom Gesetz her, habe man keine Handhabe, betont der Tölzer Bürgermeister.

Josef Janker ist ratlos. Denn der Bahnhof, in dem es schimmelt und mieft, ist kein repräsentatives Entree für die Kurstadt. Um zu verhindern, dass die BOB ihren Kundenservice gänzlich aus Bad Tölz abzieht, habe man sich entschlossen, ein neues Center außerhalb des Bahnhofsgebäudes zu errichten. Und zwar auf städtischem Grund. Die Situierung auf dem Parkplatz sei durchaus praktisch, betont Rosenbusch. Denn dort kämen die Fahrgäste an, könnten ohne Verzögerung ihre Tickets kaufen und "enorm schnell" zu den Gleisen gelangen.

Kaum war das Band bei der Einweihung durchgeschnitten, nutzen auch schon die ersten Fahrgäste die persönliche Beratung. Der Schalter ist barrierefrei zugänglich und überdacht. "Das war so ein bisschen eine Reißleine", sagt Rosenbusch. Auch wenn das neue Kundencenter alles bietet, was die Mitarbeiter bräuchten, ein Eisenbahn-Unternehmen gehöre in den Bahnhof und nicht davor. Er hoffe, dass es der Stadt gelingen möge, das Gebäude auf der anderen Seite der Gleise doch noch zu kaufen. "Das als kleiner Wink", so Rosenbusch. Die BOB würde als Mieterin sofort wieder im Tölzer Bahnhof einziehen. Spätestens in zwei Jahren muss eine dauerhafte Lösung gefunden werden, denn das Kundencenter in den Containern ist ein Provisorium und daher befristet - mit Option auf eine Verlängerung.

Der marode Tölzer Bahnhof hat im vergangenen Jahr das Interesse überregionaler Medien geweckt. Aus diesem Grund war ein ZDF-Fernsehteam am Donnerstag an Ort und Stelle, um über den Auszug des BOB-Kundenservices in den provisorischen Fahrkartenschalter zu berichten. Bürgermeister Janker und BOB-Geschäftsführer Rosenbusch standen für Interviews zur Verfügung. Das Team wollte auch eine Drehgenehmigung für das Innere des Bahnhofsgebäudes. Doch Eigentümer Fritz antwortete auf die Anfrage des ZDF nicht.

© SZ vom 13.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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