Streit um Straßennamen:Appell zur Umbenennung

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Kessler und Pick verteilen Handzettel zum Ickinger Wenzberg

Im Gemeinderat mag das Thema Wenzberg und der Umgang mit nationalsozialistisch belasteten Straßennamen in der Isartalgemeinde einen Abschluss gefunden haben. Doch unter manchen Gemeindebürgern sorgt die mehrheitlich beschlossene Beibehaltung des Namens "Wenzberg" weiter für großen Unmut. Unter dem Titel "Extrablatt" verteilten Maximilian Pick und Christoph Kessler am Wochenende einen Appell an die Ickinger Haushalte. Darin fordern beide, dass die Gemeinde und deren Vertreter, also die Gemeinderäte, ihre Entscheidung noch einmal überdenken und eine Änderung der Namen "Wenzberg" und "Kinderkrippe am Wenzberg" herbeiführen sollen - und zwar in einen heute politisch korrekten Namen.

"Die Zunahme rechtsradikalen Denkens auf der Welt und in Deutschland beunruhigt die für das Extrablatt Verantwortlichen sehr", erklärt Pick in dem Schreiben. Auch in Icking habe sich "diese unerfreuliche Wandlung" durch den Stimmanteil bei der jüngsten Wahl bestätigt. Acht Prozent hätten laut Pick und Kessler in der Isartalgemeinde ihr Kreuz bei der AfD gemacht. "Wenn eine Straße, die den Namen eines alten Nazi-Ehepaares trägt, nicht geändert wird, zeigt dies, dass der Rechtsruck bis in unsere Gemeinde vorgedrungen ist", so das Fazit des ehemaligen SPD-Ortsvorsitzenden Pick. Zwar sei die Demokratie wohl stark genug, "um diesem Trauerspiel standzuhalten", sagt Pick weiter, "dennoch sollte man wachsam sein." In seinen Augen könne es doch "nicht so schwer sein, die Straße nach einem Vorbild umzubenennen."

Die Kritik von Kessler und Pick: Obwohl sich der Gemeinderat lange mit dem "Wenzberg" befasst hatte und sogar ein Arbeitskreis eingesetzt wurde, habe bislang eine politische Diskussion "nicht wirklich" stattgefunden. Die Debatten seien eher "verwaltungstechnisch, juristisch und historisch" geführt worden. Die Ergebnisse des Arbeitskreises seien "lediglich verkündet", jedoch nicht weiter öffentlich erörtert worden, "die interne Diskussion wurde unter Verschluss gehalten", schreibt Kessler. Auch die Arbeitsweise des Arbeitskreises moniert er. In dessen Bericht etwa heiße es: "Die Bauten im heutigen Geretsried dienten der Rüstung für den Krieg. Dies war dem Architekten Wenz bekannt und spätestens seit Kriegsbeginn in seinen Folgen sichtbar."

Im Urteil der Spruchkammer 1949 spielten die Bauten keine Rolle, der Arbeitskreis sei jedoch zu dem Schluss gekommen: "Ob dies heute anders zu bewerten ist, wäre zu diskutieren." Kessler fragt, warum diese Diskussion nicht im Rahmen der fast einjährigen Arbeitsphase erfolgte und warum keine Bewertung aus heutiger Sicht stattfand. "Man scheute offensichtlich eine aktuelle, politische Diskussion über die recherchierten Arbeitsergebnisse", so das Fazit von Kessler.

Nur eine Umbenennung wäre aus Sicht Kesslers ein "Zeichen gelebter Demokratie gegen aufkommende rechte Tendenzen". Kessler wiederholt deshalb seine bereits in Leserbriefen geäußerten Forderungen zur Umbenennung und liefert für den Wenzberg die Vorschläge "Dr.-Rahel-Straus-Straße", "Golo-Mann-Straße" respektive Bergstraße. Die Krippe könnte ihm zufolge "Isura-Kinderkrippe", "Ickinger Kinderkrippe" beziehungsweise "Kinderkrippe in Icking" heißen.

© SZ vom 15.05.2018 / cjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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